28. September 2018; Von: Barbara Pampe , Julia Heiser

Außenraum von Schulen – Jenseits des Zauns

Im Zuge unserer Projekte sind wir immer wieder auf die Frage der Qualität von Außenräumen der Bildungseinrichtungen gestoßen und werden uns nun im Zuge der Entwicklung des Planungsbaukastens SCHULBAU OPEN SOURCE intensiver damit auseinandersetzen. Auch Julia Heiser wirft im Gastbeitrag einen Blick auf das Thema.

Bei der Entwicklung der Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland wurde das Thema Außenraum als wichtiger Bestandteil der zu betrachtenden Funktionsbereiche gesehen. Der dortige Absatz beschreibt knapp die Notwendigkeit der vielfältigen Zonen, die nach spezifischen Bedürfnissen der verschiedenen Altersgruppen zu planen sind. Das Handbuch Schulen planen und bauen 2.0 widmet dem Wandel vom Pausenhof zum Lebensort ein Kapitel (SPB 2.0, 131ff, Bildbeispiele 177ff). Mit dem Bezug auf Erkenntnisse und Beispiele aus der Praxis werden hier schon konkrete Empfehlungen formuliert. Sie beschreiben zwei Kategorien von Außenräumen: solche, die sich auf den Unterricht beziehen und solche, die altersspezifisch für Bewegung und Aufenthalt geeignet sind. So können beispielsweise Freiflächen auf Schulgeländen auch außerhalb von Schulöffnungszeiten genutzt oder auf Dachflächen und angrenzende öffentliche Parks und Plätze in dichten städtischen Kontexten ausgewichen werden. Mit diesem „öffentlich-schulischen Hybridcharakter“ übernehmen naheliegende öffentliche Freiflächen eine wichtige Funktion für Bewegung und Erholung im Schulalltag, während die Schulaußenraumflächen der umgebenden Nachbarschaft gleichzeitig Begegnungs- und Aufenthaltsräume im Freien bieten.

Im Anschluss an das Pilotprojekt „Schulen planen und bauen“ an der Geschwister-Scholl- Stadtteilschule in Hamburg Osdorf, haben wir den Bezirk Altona bei der Entwicklung des Bildungsbands Osdorfer Born in Kooperation mit studio urbane landschaften begleitet und beraten. Das Thema Bildungslandschaften prägt seit den Anfängen der Pädagogischen Architektur die projektpraktische und diskursive Arbeit der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. Angefangen mit der Bildungslandschaft Altstadt Nord in Köln, über die „Dialogreihe Bildungslandschaften“, setzt die Stiftung mit dem Bildungsband Osdorfer Born verstärkt einen Schwerpunkt auf den „Außenraum“ und seine notwendigen Qualitäten.

Im Zuge des Projektes SCHULBAU OPEN SOURCE beschäftigt uns das Thema erneut. Ziel ist es, anhand der Neubauplanung der Gemeinschaftsschule Weimar einen Planungsbaukasten zu entwickeln, der auf der einen Seite ein Planungswerkzeug darstellt und auf der anderen Seite für Schulträger und Fördermittelgeber einen Qualitätsrahmen bietet. Dabei wird die Planung des Außenraums als Teil des pädagogischen Raums einen Schwerpunkt bilden.

Obwohl die Wichtigkeit des Außenraums auf allen Ebenen erkannt wird, gibt es wenig Literatur und Handreichungen, die vor allem im Zusammenhang mit dem Innenraum und öffentlichen Freiflächen das Thema beleuchten. Nur vereinzelt findet man exemplarische deutsche Schulbauprojekte, bei denen Innen- und Außenraum gleichberechtigt entworfen werden, die neue Ideen umsetzen und bei denen der öffentliche Freiraum als Teil von Schulaußenflächen mitkonzipiert und mitgestaltet wird. Die innovativen Ideen kommen bisher vor allem aus dem Ausland oder gar aus den 60er Jahren sowie auch die meisten Publikationen zu dem Thema.

Daher ist es unabdingbar, sich dem Thema anzunehmen und mehr als zu begrüßen, wenn sich Studierende mit dem Thema in Lehre und Forschung auseinandersetzen, so wie z.B. Julia Heiser, Studierende der Urbanistik an der Bauhaus Universität Weimar, die die Phase Null an der Gemeinschaftsschule Weimar von der Seite der IBA Thüringen mitbegleitet hat und derzeit an ihre Masterarbeit über die Außenraumplanung von Schulen schreibt. In ihrem Gastbeitrag wirft sie einen Blick auf den Außenraum an Schulen:

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Der Außenraum – Das Stiefkind des Schulbaus

In Deutschland ist von einer „Schulbauwelle“ die Rede. Milliarden flossen und fließen in diesen Bereich. Neue Konzepte, das Cluster und die Offene Lernlandschaft, haben Einzug in die Schulgebäude erhalten, doch was umgibt diese?

Wenn man vom Raum als „Dritter Pädagoge“ spricht, dann muss damit auch der Außenraum gemeint sein. Ist er es nicht, dann ist er wohl der ›Vierte Pädagoge‹. Umso erstaunlicher, dass das Interesse vieler Architektinnen und Architekten scheinbar direkt hinter der Fassade aufhört. Dabei wird ein wichtiger, wenn nicht sogar der wichtigste pädagogische Raum verkannt – der schulische Außenraum. Vielfach platt als Pausenhof abgetan – so sollten hier früher Kinder und Jugendliche auf staubfreien und schnell trocknend Asphalt- und Betonflächen (DIN 18031 – Hygiene im Schulbau, gültig bis 1981) ihre Pause verbringen.
„Wo es ‚öde‘ ist und ‚schmutzig‘, ‚viel verboten, jedoch nahezu nichts erlaubt‘, da macht der bundesdeutsche Nachwuchs regelmäßig Pause: auf dem Schulhof.“ (Der Spiegel 17/1977: 91) Auch heute, über 40 Jahre später, könnte diese überspitze Beschreibung noch auf viele Schulhöfe zutreffen. Hinzugekommen ist vielleicht ein Baum, eine Bank und ein „interessante“ Kletterkombination aus dem Katalog.
Es wird ersichtlich, dass sein Potential als wichtiger Lebensraum von Schülerinnen und Schülern noch nicht ausgeschöpft ist. Gerade wenn man von Ganztagsschulen ausgeht, steigt die Relevanz des Außenraums erheblich – nicht mehr nur die „Hofpausen“ von 10 – 20 Minuten Dauer werden hier täglich verbracht.

LernLANDSCHAFTEN

Dabei werden jedem Kind ca. 5m2 Schulhoffläche zugesprochen. Betrachtet man, was der Schulhof heute alles leisten muss – er sollte Sport-, Spiel- und Bewegungsräume, Ruhe- und Rückzugsorte, Lern- und Lehrmöglichkeiten, Kommunikations- und Begegnungsräume bereithalten – wird klar, dass dies auf den begrenzten Flächen kaum zu realisieren ist.
Wo immer es geht, sind daher größere Flächen begrüßenswert. In der Realität ist eher das Gegenteil der Fall. Die Großstädte haben knappe Flächenressourcen ohnehin müssen sie oftmals innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre 20-30 neue Schulen bauen, dazu kommen auch Erweiterungen bestehender Schulgebäude, die nicht selten auf Kosten des Außengeländes realisiert werden. Aufgrund des erheblichen Zeitdrucks ist zu befürchten, dass der Außenraum vergessen wird, nicht selten wird gesagt: »Darum können wir uns auch im Anschluss kümmern.« Hier wird die Chance vertan integrale Planungsansätze zu verfolgen und von vornherein Gebäude und Gelände zusammen zudenken. Dies ist aber unabdingbar, möchte man ganzheitliche LernLANDSCHAFTEN erschaffen. Diese hören natürlich nicht hinter dem Zaun auf – ihre Einbettung in den städtebaulichen und landschaftsarchitektonischen Kontext ist wichtig, auch die Öffnung hin zu dem Stadtteil/der Kommune ist begrüßenswert. Weiterhin wird dabei von einem lokalen Bildungsnetzwerk ausgegangen, in dem verschiedene Bildungsträger kooperieren sowie von einer Stadt deren Räume auf vielfältige Art zum Lernen und Spielen geeignet sind – die Bildungslandschaften. (vgl. dazu u.a. Million et al. 2017; Coelen et al. 2015)
Doch der Ansatz der sich öffnenden Stadt bzw. des sich öffnenden Schulhofes kann nur als gewinnbringend gesehen werden, wenn dadurch mehr qualifizierte Flächen zur Verfügung stehen. Das heißt, ist ein Schulhof nur eine asphaltierte Fläche, wird er wohl auch am Nachmittag oder am Abend Kinder weiterhin nicht zum Spielen, geschweige denn andere Menschen zum Verweilen einladen. Damit sich folglich jene Öffnung des schulischen Außenraums auch für das Quartier eignet, ist dessen gute Gestaltung ein wichtiger Faktor.

Der Schulhof – Ein Multitalent

Dabei hat es in der Vergangenheit bereits gute Ansätze gegeben, welche vor allem Grundschulhöfen zu Gute kamen. Oft an Standorten, wo innovative Pädagogen sich für dieses Thema stark gemacht haben. Einen guten Schulhof zu gestalten ist jedoch kein ›Hexenwerk‹ und bedarf auch, je nach Konzept, keine immensen finanziellen Mittel. Ein Schulhof sollte heute folgende Kriterien nach Möglichkeit erfüllen:

  • Unterschiedliche Bodenniveaus haben,

  • Räumliche Struktur beinhalten,

  • Ecken und Nischen ausbilden,

  • Diverse Spielmöglichkeiten, Bewegungs- und Rückzugsräume bieten,

  • Eine naturnahe Gestaltung berücksichtigen,

  • Bestenfalls einen Schulgarten, ›verwilderte‹ Ecken (Wasser wäre auch wünschenswert) bieten,

  • (Frei-)Räume für Unterricht und zum eigenständigen Lernen bereithalten,

  • Verschiedene Sitzmöglichkeiten (keine klassischen Bänke),

  • Begegnungsräume zum Austauschen bieten,

  • Abwechslungsreich und anregend gestaltet sein,

  • Orientierung und Sicherheit gewährleisten.

Dabei darf nicht übersehen werden, das Kinder und Jugendliche in gut gestalteten Außenräumen ein erhebliches Entwicklungspotential haben. Das heißt, hier findet eine Vielzahl von Lernprozessen statt und dazu zählt vor allem auch das soziale Lernen. »Es ist der Ort mit den größten ‚»Freiheitsgraden« im schulischen Alltag […].« (Forster 2000: S. 21) Die Schule, als institutionalisierte Einrichtung fördert dabei nicht nur formelle, sondern auch nicht-formelle und informelle Lernprozesse, welche verschiedene Räume bedürfen (vgl. Derecik 2015). So werden beispielsweise auch beim Spiel verschiedene Verhaltensweisen angeeignet und trainiert. Deshalb ist es wichtig den Schulhof in all seinen Dimensionen und Möglichkeiten zu erfassen.

Demokratisch Gestalten

Auch wenn viele Pädagoginnen und Pädagogen in der Vergangenheit der Meinung waren, dass sie selbst einen guten Schulhof (um)gestalten können, ist dafür zu plädieren mit Expertinnen und Experten zusammenzuarbeiten. Die Beteiligung der Schulgemeinschaft an dem Planungsprozess ist gerade auch bei Außenräumen besonders gewinnbringend. Nicht nur wissen die Nutzerinnen und Nutzer selbst am besten was sie brauchen, auch ist im Anschluss von einer größeren Akzeptanz und weniger Vandalismus auszugehen. Ein besonderes Gemeinschaftsgefühl kann entstehen, wenn ein Teil der Schulhofgestaltung selbst in die Hand genommen wird und an Aktionstagen die Eltern, Lehrerinnen und Lehrer und Schülerinnen und Schüler in gemeinschaftlichen Bauaktionen tätig werden. Somit kann der ganze Prozess zum demokratischen Lernmodell werden.

Alters- und Genderpräferenzen

Dabei ist es wichtig auch im Außenraum sowohl Alters- als auch Genderpräferenzen zu berücksichtigen. Jüngere Kinder haben andere Ansprüche als die Älteren und Jungen und Mädchen spielen unterschiedlich. So bedarf es sowohl einem Bolzplatz für die Jungen (in allen Altersstufen), als auch die Tischtennisplatte für die Mädchen oder eine ›Klönecke‹. Die unterschiedlichen Spiel- und Raumpräferenzen von Mädchen und Jungen wurden in zahlreichen Studien belegt, es kann aber dennoch davon ausgegangen werden, dass diese  geschlechtsspezifischen Unterschiede durch eine genderneutrale Erziehung minimiert würden. Dies ist vor allem auch aus der Perspektive der Chancengerechtigkeit im Bildungssystem wünschenswert.
Dem Inklusionsgedanken folgend muss sich eine Gestaltung für alle durchsetzen. Die Zonen, welche wir heute noch spezifisch für Mädchen gestalten und ihnen zuschreiben, sollten folglich optimaler Weise auch Jungen ansprechen. Das macht ihr Vorhandensein aber nicht obsolet. Es zeigt, dass sich diese Betrachtung dennoch lohnt, weil in der Konsequenz mehr diversere Räume entstehen werden.

Auch verändern sich die Raumansprüche mit zunehmenden Alter. Auf Schulhöfen ist ein altersbedingter Separierungsprozess zu beobachten, selbst wenn er räumlich oder pädagogisch nicht intendiert wurde. Die Abgrenzung nach »das ist für die Kleinen, da spiele ich nicht mehr« oder »da sind die Großen, da bin ich nicht erwünscht« ist ›normal‹. Deshalb muss darauf geachtet werden, dass für alle Altersstufen (die an der Schule ›leben‹) entsprechende Angebote bestehen. Das heißt Spielgeräte und -konstruktionen, Bewegungsräume als auch Nischen und Rückzugsorte müssen sich daran orientieren. Schon allein die unterschiedliche Körpergröße zeigt, das nicht immer mit den gleichen Dingen gespielt werden kann oder die gleichen Büsche als Versteck dienen können. Dabei ist zu beobachten, dass gerade für die älteren Schüler ab ca. 14 Jahren immer weniger ansprechende Angebote auf Schulhöfen vorhanden sind. Oftmals wird davon ausgegangen, dass sie ohne hin eher ›quatschen‹ und deshalb nur Sitzgelegenheiten brauchen. Dabei wird übersehen, dass auch Jugendliche und junge Erwachsene einen Bewegungsdrang haben, den sie ausleben müssen und der essentiell für ihre Regeneration vom Schulalltag ist. Ein Pädagoginnen und Pädagogen sicherlich bekanntes Phänomen ist, dass ältere Schülerinnen und Schüler immer weniger auf den Schulhof wollen und sich deshalb in Pausenzeiten auch gern in den Innenräumen aufhalten oder das Schulgelände (auch weil sie es dürfen) verlassen. Deshalb gibt es an manchen Schulen bereits eine ›Schulhofpflicht‹ in der Oberstufe. Dies wird aber nicht zuletzt daran liegen, dass sie auf den Schulhöfen keine, ihrem Alter entsprechenden Angebote, vorfinden. Es muss auch aus gesundheitlichen Gesichtspunkten darauf geachtet werden, sie gesondert in der Außenraumplanung zu berücksichtigen. Dabei sollten nicht nur Ruhezonen angelegt werden, sondern auch Sport-, Spiel- und Bewegungsmöglichkeiten integriert werden. Hier könnte z.B. ein kleiner Skateparcours oder -park angelegt werden, wo die Jugendlichen mit ihren Skateboards und Inlineskates fahren können. Da sich die Ausbildungszeit immer weiter verlängert und immer mehr Kinder und Jugendliche den Weg bis zum Abitur gehen, werden sie auch in Zukunft eine immer wichtige Alterskohorte, welche zu berücksichtigen ist.

Cluster und Offene Lernlandschaft

Dabei sollte die Betrachtung des Schulhofes nicht losgelöst vom Gebäude geschehen. Sie bedingen sich in vielerlei Hinsicht. Deshalb sind vor allem die Übergänge von Innen nach Außen besonders wichtig.
Es ist sinnvoll jedem Klassenraum einen direkten Außenbereich anzugliedern, welcher für unterrichtsspezifische Zwecke genutzt werden kann und ein Lernort der besonderen Art ist. Diese ›Lernterrasse‹ sollte ohne Barrieren, ebenerdig vom Klassenraum erreichbar sein. Dafür eignen sich beispielsweise bodentiefe Fenster, welche mit Schiebetüren versehen, den Innen- und Außenraum verschmelzen lassen. Seine Nutzung kann spontan, je nach Wetterlage, in den Schulalltag integriert werden und bietet neben Lern- und Unterrichtsmöglichkeiten auch einen guten Aufenthaltsort für ältere Schülerinnen und Schüler in den Freistunden oder auch Pausen, wenn sie sich in Ruhe auf die nächste Klausur vorbereiten wollen. Dementsprechend müssen an ihn die gleichen Anforderungen gestellt werden wie an die Innenräume. Dabei ist Medienausstattung (WLAN, Strom, ggf. Wasser) genauso wichtig wie die Möblierung. Der Boden sollte eben und auch für Rollstuhlfahrerinnen und -fahrer geeignet sein. Bei der Ausgestaltung sollten die Schülerinnen und Schüler der jeweiligen Klasse unbedingt mitwirken und mitbestimmen welche Pflanzen und Elemente integriert werden sollen. Somit können sie die Atmosphäre, in der sie lernen möchten, selbst bestimmen. Dieser gemeinschaftliche Raumaneignungsprozess ist vorteilhaft um sich mit seinem Klassenraum zu identifizieren – »Hier bin ich Zuhause«.
Es ist darauf zu achten, dass der Schulhof zwar von diesem Außenbereich zugänglich ist aber räumlich separiert wird. Dabei muss kein Beton zur Verwendung kommen, es können auch Pflanzen, die eine Raumteilerfunktion übernehmen, integriert werden z.B. in Form von rankenden immergrünen Pflanzen (z.B. Efeu) an einem Rankgitter oder Büschen, Sträuchern und Bäumen. Weiterhin sollte der Bereich zumindest teilweise überdacht werden um vor Regen und Sonne zu schützen. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, das noch immer ausreichend Licht in die Innenräume kommt. Diese Terrassen eigenen sich dabei nicht nur für die Erdgeschosszone, sondern sind auch für die oberen Geschosse sinnvoll. (Siehe z.B. Campus Sonnenwendviertel Wien/ PPAG Architekten)

Doch nicht nur auf Klassenräume ist dieses Terrassenprinzip übertragbar, sondern auch für spezielle Fachräume. So können für den Naturwissenschaftlichen Bereich ›Experimentierterrassen‹, für den künstlerischen Bereich ›Kunstterrassen‹ oder für den technischen Bereich ›Werkstattterrassen‹ angegliedert werden, die in Abhängigkeit zu den Innenräumen spezifische Funktionen übernehmen können und entsprechend gestaltet werden müssen.
Besonders wichtig ist der direkte Außenraumbezug jedoch für die gemeinschaftlich genutzten Flächen wie Mensa, Foyer oder Aula. Dabei nimmt das gemeinsame Essen (draußen) einen besonders hohen Stellenwert, vor allem in Ganztagsschulen, ein. Diese ›Speiseterrasse‹ muss dem jeweiligen Essensversorgungskonzept entsprechend dimensioniert sein. Also wird gemeinsam in den Clustern oder Offenen Lernlandschaften gegessen, müssen die ›Lernterrassen‹ diese Funktion berücksichtigen. Wird gemeinsam (oder in Schichten) in der Mensa gegessen, muss die ›Speiseterrasse‹ der entsprechenden Schülerzahl gerecht werden. »Als Orientierungswert gilt ein Flächenbedarf von ca. 1,5-1,8 Quadratmeter/ Essplatz (Empfehlung Deutsche Gesellschaft für Ernährung sowie Vernetzungsstellen Schulverpflegung der Länder).« (Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft 2017: 126). Auch hier ist auf die allgemeine Barrierefreiheit zu achten und es muss sich überlegt werden, ob man mit mobilem oder festinstallierten Mobilar arbeiten möchte. Mobile Stühle/Tische/Bänke ermöglichen eine flexiblere Nutzung, sind jedoch, wenn der Schulhof zum Stadtteil geöffnet bzw. für außerschulische Zwecke genutzt werden soll vor Diebstahl zu schützen. Dieser Mensabereich sollte ebenfalls räumlich vom Schulhof separiert werden, aber auch zugänglich sein. Wird weiterhin eine kleine Caféteria betrieben, die längere Öffnungszeiten als die Mensa hat, kann der Außenbereich auch zum Treffpunkt für Schülerinnen und Schüler, aber auch der Anwohner werden. Es wird also deutlich welches immense Potential in ihm steckt.

Generell wird dafür plädiert Architektur und Landschaft, Gebäude und Gelände, Schule und Schulhof zusammen zu denken. Gerade bei Neubauten ist deshalb die Bildung von Arbeitsgemeinschaften zwischen Landschaftsarchitektinnen/ -architekten und Architektinnen/ Architekten lohnenswert. Dem Außenraum muss eine größere Bedeutung zugesprochen werden, weshalb sich eine dezidierte Betrachtung lohnt. Dabei gilt es auch Ortsspezifika zu berücksichtigen sowie das pädagogische Konzept der Schule. Dieses muss sich auch im Außenraum widerspiegeln, so ist er doch das Aushängeschild einer Schule, sozusagen ihre ›Visitenkarte‹.
Der Innovationsgedanke fordert aber auch eine Risikobereitschaft seitens der Schulgemeinschaft als auch des Bauträgers – den Städten und Kommunen. Dabei müssen neue Wege beschritten werden, bei denen vorher noch nicht klar sein kann wie das Ergebnis ist und wie es angenommen wird. Denn Schulhofgestaltung muss als Prozess verstanden werden, der bestenfalls nie aufhört. Es geht nicht darum die fantastische Spiel- und LernLANDSCHAFT zu kreieren, die einmal aufgebaut die nächsten 20 Jahre unverändert bleibt. Es braucht auch ungestaltete und flexibel nutzbare Räume, jedes Jahr verändert sich die Schulgemeinschaft, neue Schülerinnen und Schüler kommen, andere gehen. Deshalb darf der Außenraum nicht starr gedacht werden, sondern muss immer ›in Bewegung bleiben‹.

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Literaturauswahl und Beiträge zum Thema Außenraum

Coelen, Thomas/ Heinrich, Anna Juliane/ Million, Angela (Hrsg.) (2015): Stadtbaustein Bildung, Wiesbaden: springer VS

Dietrich, Knut; Hass, Regina; Marek, Regina; Porschke, Christoph; Winkler, Kirsten (2013): Schulhofgestaltung an Ganztagsschulen: Ein Leitfaden. Frankfurt am Main: Debus Pädagogik

Derecik, Ahmet (2015): Praxisbuch Schulfreiraum. Gestaltung von Bewegungs- und Ruheräumen an Schulen, Wiesbaden: Springer VS

Forster, Johanna (2000): Räume zum Lernen & Spielen. Untersuchungen zum Lebensumfeld „Schulbau“. Berlin: Verlag für Wissenschaft und Bildung

Million, Angela/ Coelen, Thomas/ Heinrich/ Anna J. (2017): Gebaute Bildungslandschaften. Verflechtung zwischen Pädagogik und Stadtplanung, Berlin: Jovis Verlag

Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft (Hrsg.) (2017): Schulen Planen und Bauen 2.0. Grundlagen, Prozesse, Projekte, Berlin/Seelze: Jovis Verlag/Kalmeyer Klett

Links

Weitere Literaturtipps auf: www.architekturfuerkinder.ch

Hottenträger, Grit : Sind Schulhöfe auch als öffentliche Spielräume geeignet? In: Stadt und Grün (28.09.2018): https://stadtundgruen.de/artikel/sind-schulhoefe-auch-als-oeffentliche-spielraeume-geeignet-6801.html

Schwarz, Rolf: Schulhöfe als Bildungsräume – Sieben Kriterien zur Umsetzung. In: Playground + Landscape (28.09.2018): https://www.playground-landscape.com/de/article/view/2015-schulhoefe-als-bildungsraeume-sieben-kriterien-zur-umsetzung.html

THE PLAYGROUND PROJECT – Outdoor, 31. Mai bis 28. Oktober 2018, Bundeskunsthalle Bonn: https://www.bundeskunsthalle.de/ausstellungen/playground-project.html

Julia Heiser

Julia Heiser studiert im Master Urbanistik an der Bauhaus Universität Weimar. Zuvor hat sie einen Bachelor in Architektur an der FH Anhalt in Dessau absolviert und arbeitet u.a. als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl Stadtplanung sowie Raumplanung und Raumforschung der Bauhaus Universität und ist im Kollektiv Raumstation aktiv. Derzeit schreibt sie an ihrer Masterarbeit über die Außenraumplanung von Schulen.

Schulbau Open Source – Planungswissen für Innovationen im Schulbau

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