21. Juli 2025; Von: Antonia Blaer-Nettekoven , Maria Zach

Schüler*innen bauen Schulmöbel

Eine Woche lang kam die Schulgemeinschaft der Jenaplanschule Weimar zusammen, um einen Teil ihrer eigenen Möbel für ihren Neubau selbst zu montieren. Was dabei entstanden ist, ist mehr als nur Mobiliar: Es ist ein echtes Miteinander, gelebte Kreativität und Know-how, das alle weitergeben können.

Die Jenaplanschule Weimar ist einer unserer Pilotstandorte im Projekt Schulbau Open Source (SOS), den wir seit 2016 in der Phase Null, in der Planung und Umsetzung des Neubaus und bis heute zur Konzeption und dem Bau der Schulmöbel begleiten. Sie ist IBA- Projekt (Internationale Bauausstellung Thüringen) und gehört außerdem zu den Finalisten der nominierten Schulen für den Deutschen Schulpreis 2025.

Bereits im August 2024 haben wir gemeinsam mit Schüler*innen, Eltern, Lehrkräften, Schulleitung, Schulträger und Gebäudewirtschaft die Prototypen der zukünftigen Tische, Podeste, Bänke und Garderoben montiert, bemustert und ausprobiert. Die Möbel wurden in Zusammenarbeit mit UM:BAU, gernot schulz : architektur, IBA Thüringen, der Jenaplanschule und der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft entwickelt.

Anschließend folgte ein „Train the Trainer“-Workshop, in dem wir einzelnen Schüler*innen, Lehrkräften und Eltern den Aufbau der Möbel Schritt für Schritt erklärt haben, sodass sie in der Selbstbauwoche die restliche Schulgemeinschaft anleiten und ihnen als Expert*innen zur Seite stehen konnten. Parallel haben wir kurze Filme mit Anleitungen, Praxisbeispielen und Einblicken in den Prozess produziert, sodass wir das Know-how nachhaltig festhalten und teilen können. Mehr dazu teilen wir hier auf dem Blog, auf LinkedIn und unserer Website.

Hintergrund der Aktion waren Kostensteigerungen in Rohbau und technischem Ausbau, die erhebliche Kosteneinsparungen an anderer Stelle erfordert haben. Da die prognostizierten Kosten für die geplante Möblierung den Kostendeckel erheblich überstiegen, wurde eine Überprüfung alternativer Ansätze für die Beschaffung und Umsetzung der Möbel veranlasst.

Schnell kam die Idee auf, die Schulmöbel selbst mit der Schulgemeinschaft zu bauen. Die Möbel bieten eine nachhaltige und kreative Alternative zu industriell gefertigten Lösungen und durch das eigenständige Gestalten und Konstruieren von Tischen, Sitz- und Staumöbeln können Schüler*innen und Lehrkräfte ihre Lehr- und Lernumgebung aktiv mitgestalten und an ihre individuellen Bedürfnisse anpassen. Dieser partizipative Ansatz stärkt nicht nur das handwerkliche und kreative Denken, sondern fördert zudem Verantwortungsbewusstsein und Identifikation mit dem Bildungsort.

Die einzelnen Möbel lassen sich jederzeit in ihrer Ausführung anpassen und erweitern, sodass flexibel auf Veränderungen reagiert werden kann.

Denn während Möblierungskonzepte in der Vergangenheit – dem Lernsetting des Frontalunterrichts folgend – zumeist auf die Ausstattung mit Tischen und Stühlen fokussierten, geht es heute darum, fließende Übergänge zwischen unterschiedlichen Lernsettings und neue Nutzungen zu ermöglichen.

Das diesen Zweck erfüllende Repertoire klassischer Schulmöbelhersteller hat sich dieser Thematik zwar angenommen, dennoch ist das Angebot teilweise noch begrenzt und stellt immer noch Sondermöbel dar, die den gewünschten wohnlichen und Werkstattcharakter unterstützen. Rahmenverträge, die Kommunen mit Herstellern oft über lange Zeiträume abschließen, schränken die Offenheit zusätzlich ein. Dabei bedarf ein verändertes räumliches Konzept Umsetzungsmöglichkeiten jenseits üblicher Standardschulmöbel aus dem Katalog. Mit der Selbstbauwoche wurde gemeinsam mit der Schulgemeinschaft in Weimar ein wesentlicher Lösungsansatz hierfür entwickelt.

Beteiligungsverfahren sollten über den gesamten Planungs- und Bauprozess weitergeführt werden. Durch die aktive Einbeziehung aller Nutzer*innen können Schulgebäude entstehen, die nicht nur funktional und zweckbestimmt, sondern auch inspirierend und identitätsstiftend sind. Die Einbindung von unterschiedlichen Akteuren innerhalb der Schulgemeinschaft führt zudem zu einer besseren Qualität und vor allem zu einer höheren Identifikation und damit verbundenen Wertschätzung der eigenen Lernumgebung. Die Selbstbauwoche diente darüber hinaus dazu, mit der Schulgemeinschaft wieder ins Gespräch zu kommen, die Architektur zu vermitteln und die dahinterliegenden Entwurfsentscheidungen zu kommunizieren.

Der Einzug der Schulgemeinschaft ist für die Sommerferien geplant, sodass die Eröffnung des Neubaus im September 2025 stattfinden kann. Wir danken der Schulgemeinschaft der Jenaplanschule Weimar, der Stadt Weimar, der Stiftung Baukultur Thüringen, UM:BAU, IBA Thüringen, gernot schulz : architektur und freuen uns, mit der Eröffnung dieses Schulbau Open Source-Projekts ein weiteres Beispiel für innovativen Schulbau begleitet zu haben.

Das gesamte Projekt- und Planungswissen von diesem und den weiteren SOS-Pilotstandorte teilen wir auf www.schulbauopensource.de, um Wissen und Veränderung für zeitgemäße Schulen zu fördern. Das aktualisierte Material zum Planungsthema "Möblierung" aus Weimar ist hier zu finden: https://schulbauopensource.de/planungsthemen-von-a-z/moeblierung/moblierung-neu.

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