04. Dezember 2018; Von: Dirk E. Haas

LERNRÄUME AKTUELL: Gymnasium Trudering München

Ein weiteres Beispiel für gelungene Pädagogische Architektur aus unserer Sammlung: Seit Einstellung des Projektes „Lernräume Aktuell“ stellen wir regelmäßig Bildungseinrichtungen von unserer Plattform im Blog vor.

Das vierzügige Gymnasium Trudering wurde 2013 im gleichnamigen Ortsteil am östlichen Stadtrand Münchens eröffnet. Trudering war bislang von einer lockeren Einfamilienhausbebauung geprägt; für die wachsende Einwohnerzahl Münchens werden nun auch dort neue Wohnquartiere mit dichteren Siedlungstypologien errichtet.

Lage im Quartier

Der Standort des Gymnasiums liegt zwischen alter und neuer Wohnbebauung, entlang des ausgesprochen langen und schmalen Grundstücks verläuft ein linearer parkartiger Grünzug. Der Wettbewerb zum Neubau fand 2009 statt; bei der Eröffnung zum Schuljahr 2013/2014 wurden Schülerinnen und Schüler für die Jahrgangsstufen 5 bis 8 aufgenommen.

Pädagogik

Das Gymnasium umfasst einen neusprachlichen und einen naturwissenschaftlichen Zweig. Mit dem Schuljahr 2014/2015 wurde zudem erstmals eine Streicherklasse in Jahrgangsstufe 5 eingerichtet, um auch musisch begabten und interessierten Schüler/innen ein entsprechendes Profil anbieten zu können. Zum pädagogischen Profil zählt die gezielte und fächerübergreifende Förderung der Lesekompetenz („Mehr Lesen – Mehr Verstehen“), bei der auch natur- und sozialwissenschaftliche Sachbücher in die entsprechenden Lernmodule einbezogen sind. Mit der räumlichen Konzeption der Lernbereiche, insbesondere der „Lerninseln“, soll zudem das eigenverantwortliche Arbeiten systematisch unterstützt werden.

Neben dem offenen Ganztag, der in der üblichen Weise (Unterricht am Vormittag, Hausaufgabenbetreuung und Freizeitangebote am Nachmittag) organisiert ist, wurden beginnend mit den Jahrgangsstufen 5 bis 7 einzelne Ganztagsklassen (zwei Klassen je Jahrgangsstufe) für den gebundenen Ganztag eingerichtet. Voraussetzung für die Aufnahme in eine Ganztagsklasse sind die Berufstätigkeit der Eltern bzw. des allein erziehenden Elternteils sowie eine individuelle Bewerbung des Schulkindes. Für das Mittagessen ist eine Mensa mit Frischküche eingerichtet, d.h. das Essen wird vor Ort zubereitet.

Architektur

Das aufgrund des Grundstückszuschnitts sehr lange und schmale Gebäude ist in mehrere Baukörper („Häuser“) untergliedert. Im Übergang zur westlich angrenzenden Wohnbebauung ist ein eingeschossiger Verwaltungstrakt mit Werkhof angeordnet, ansonsten ist das Schulgebäude überwiegend dreigeschossig. Das an der Friedenspromenade angeordnete Kopfgebäude umfasst Mensa (EG) und Aula (OG); daran schließt sich die zentrale Eingangshalle an. Am südöstlichen Ende des Schulgebäudes befinden sich Sporthalle (mit Tribüne für 500 Zuschauerinnen und Zuschauer) und Außensportanlagen. Aula und Sporthalle werden unabhängig vom Schulbetrieb auch von Vereinen und Initiativen aus der Nachbarschaft genutzt. Die erforderlichen Stellplätze sind im Untergeschoss untergebracht, sodass die Freibereiche des Schulgeländes als Platz- und Spielbereiche ausgebildet werden konnten.

Aula, Bibliothek und Fachräume sind überwiegend im 1.Obergeschoss untergebracht und können dezentral – über die zwischen den Gebäudeabschnitten angeordneten Treppenhäuser – erreicht werden. Im Erdgeschoss und im 2. Obergeschoss befinden sich die zu „Lernhäusern“ zusammengefassten allgemeinen Lern- und Unterrichtsbereiche.

Das Schulgebäude ist als Passivhaus konzipiert, mit einer Lüftungsanlage für die Lernräume und einer Photovoltaikanlage auf dem Dach des Gebäudes.

Lernbereiche

Die allgemeinen Lern- und Unterrichtsbereiche sind in Form von Jahrgangs-Clustern organisiert. Jeweils vier Klassenräume einer Jahrgangstufe sind um einen zentral gelegenen, freien Lernbereich gruppiert („Lerninsel“), der in erster Linie für eigenverantwortliches Arbeiten genutzt wird. Im Schulalltag werden sowohl dieser Lernbereich als auch die gesamte Jahrgangsstufe als Lerninsel bezeichnet („Lerninsel 5“, „Lerninsel 6“, „Lerninsel Ganztag“ usw.). Die zur Eröffnung noch eher spartanisch möblierten Lerninseln (mit Podesten, Sitzmöbel, Nischen) werden von den Jahrgangsstufen nun nach und nach weiter besiedelt, d.h. mit Sitzkissen, Büchernischen, Matten, Regalen und Exponaten ausgestattet. Diese Form der sukzessiven Aneignung ermöglicht es, die verschiedenen Lerninseln dem jeweiligen Bedarf anzupassen; die Lerninseln entwickeln dadurch unterschiedliche räumliche Atmosphären.

Erschließungsbereiche („Promenade“)

Die sich aus dem Grundstückszuschnitt ergebende lineare Struktur des Gebäudes ist räumlich übersetzt in eine interne „Promenade“, die über die gesamte Gebäudelänge die verschiedenen Funktionsbereiche miteinander verbindet. Die Promenade ist der zentrale öffentliche Raum der Schulgemeinschaft. Mit seinen Aufweitungen, Engungen und verschiedenartigen Material- und Farbgebungen ist die Promenade kein simpler, breiter Korridor, sondern eine abwechslungsreiche Abfolge sehr unterschiedlicher Kommunikations- und Aufenthaltsbereiche.

Steckbrief

Name der Bildungseinrichtung:

Gymnasium Trudering

Adresse:

Friedenspromenade 64, 81827 München

Form der Bildungseinrichtung:

Gymnasium

Träger:

Freistaat Bayern

Sachaufwandsträger:

Landeshauptstadt München

Anzahl der Nutzer/innen (Kinder, Jugendliche, Schüler/innen):

Ca. 1.000

Mitarbeiterzahl:

Ca. 100

Bauherr:

Landeshauptstadt München, Referat für Bildung und Sport

Projektleitung:

Landeshauptstadt München, Baureferat (Hochbau)

Baufertigstellung:

2013

Bauzeit in Monaten:

23

Architekten/Planer:

Schürmann Dettinger Architekten

Bruttorauminhalt (BRI) in cbm (Neubau):

106.931

Bruttogrundfläche (BGF) in qm (Neubau):

23.228

Nettogrundfläche (NGF) in qm (Neubau):

18.315

Herstellkosten KGR 300+400 : (Kostenanschlag)

44,1 mio EUR

Einrichtungskosten:(Kostenanschlag)

7,8 mio EUR

Kosten Außenanlagen:(Kostenanschlag)

6,8 mio EUR

Leitung bzw. Geschäftsführung:

Susanne Asam

Links & Literatur

Gymnasium Trudering, München
http://www.gymnasium-trudering.de

Schürmann Dettinger Architekten, München
http://www.schuermann-dettinger.de

Das Gymnasium Trudering stellen wir auch im Kapitel VII: Projekte: Exemplarische Umsetzungen zwischen Architektur, Städtebau und Pädagogik vor. In „Schulen planen und bauen 2.0 – Grundlagen, Prozesse, Projekte”, Berlin/Seelze 2017. S. 357-361.
https://www.montag-stiftungen.de/jugend-und-gesellschaft/veroeffentlichungen.html

In der Reihe LERNRÄUME AKTUELL erschienen:

LERNRÄUME AKTUELL: Bildungszentrum »Tor zur Welt« Hamburg

Autor:innen

Dirk E. Haas

Dirk E. Haas ist Planer und geschäftsführender Partner des Büros REFLEX architects_urbanists in Essen, das sich bevorzugt mit Aufgaben an der Schnittstelle von Bildung, Architektur und Stadtplanung befasst.