02. Februar 2018; Von: Julia Heiser

Schulbaukonferenz Sachsen 2018 – ein Rückblick

Am 26. Januar 2018 in Leipzig fand zum zweiten Mal die Schulbaukonferenz Sachsen statt, ausgerichtet von der Architektenkammer Sachsen mit Unterstützung der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft.

Angelegt ist die Konferenz als interdisziplinäre Plattform, die sich an Pädagog/innen, Architekt/innen und Planer/innen sowie Ämter und Verwaltungen richtet. Das Leipzig als Standort für die Konferenz gut gewählt war, machte Dr. Jana Voigt, Amt für Jugend, Familie und Bildung der Stadt Leipzig in ihrem Vortrag deutlich – sie bezifferte den zusätzlichen Schulbedarf Leipzigs bis 2030 auf 70 neue Schulen. Dieser hohe Handlungsdruck ist nicht nur in Leipzig spürbar, sondern betrifft nahezu alle Großstädte in Deutschland.

Phase Null

An der Paul-Robeson Grundschule in Leipzig-Wahren wurden mit der Phase Null, begleitet von der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, neue Wege in der Schulplanung beschritten. Der einjährige Prozess kostete viel Energie, so Voigt, immerhin verfolgt jeder der Beteiligten seine Interessen. Deshalb seien intensive Auseinandersetzungen vorprogrammiert. Einig ist man sich, dass sich der Prozess dennoch lohnte. Der ausführende Architekt Steffen Burucker (BURUCKERBARNIKOL) berichtete von der größeren Planungssicherheit auf Architektenseite, wenn das Ziel klarer definiert ist. Aufgrund der umfangreich erarbeiteten Unterlagen verstehe man die „Softskills“ und den Hintergrund der verschiedenen Forderungen und könne dies räumlich von vornherein besser umsetzen.
Eine weitere Prozessqualität entsteht durch Personen, die von Anfang an in die Planung involviert sind und die auch im Anschluss an die Phase Null an den Planungsrunden teilnehmen: „Sie wissen wovon sie sprechen und bringen die Nutzerperspektive in den laufenden Planungsprozess ein. Diese gut informierten Leute sind wichtig “, so Burucker. Auch wenn ein ähnlich hohes Maß an Nutzerbeteiligung aufgrund spezifischer Fachplanungen im laufenden Prozess nicht gewährleistet werden kann.

Alltäglich ist diese Situation noch nicht, denn Nutzerbeteiligung ist im Schulbau nicht grundlegend verankert. Was an dieser Stelle nicht bedeuten muss, dass Schulplanung mit Nutzerbeteiligung zwangsweise bessere Schulen generiert oder andersherum. Das ein aktives Einbinden der Nutzerschaft sowie aller am Prozess beteiligten Akteure sinnvoll und richtig ist, schien in Leipzig jedoch Konsens zu sein. So zeigte das vorgestellte Projekt des Erweiterungsbaus des Evangelischen Schulzentrums in Großbardau hervorragend die Vorteile, wenn Nutzer (hier vertreten durch den Schulleiter) und Architekt eng zusammenarbeiten. „Da braucht es auch keine separierte Phase Null, wenn man im gesamten Prozess so zusammenarbeiten kann.“ konstatierte auch Barbara Pampe von der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. Durch das gemeinsame Herantasten an die Planungsaufgabe, was in diesem Fall drei Entwürfe nach sich zog, konnte die Phase Null quasi in die Planungsphase integriert werden. Allerdings befindet sich diese Schule in privater Trägerschaft, was bekanntlich viele Abläufe im Schulbau vereinfacht.

Außenraum und Ganztag

Die am Ende stattfindende Podiumsdiskussion widmete sich dem Thema: „Spielanlagen an Schulen – Nutzeransprüche, Schülerwünsche, Planungsgedanken“. Einig war man sich, dass Bewegung und Sport sehr wichtig für Schüler/innen sind und dafür braucht man vor allem eines: Platz. Der Landschaftsarchitekt Lutz Beier vertrat die Meinung, dass die Schule ein Zuhause werden muss, Schüler/innen also nicht nach dem Pausenklingeln nach Hause schnellen, sondern gern am Schulort verweilen wollen.
Gerade im Hinblick auf Ganztagsangebote wird die Schule und ihr Außenraum immer wichtiger. In der Planungspraxis scheint dies aber nicht immer angekommen zu sein. Die Landschaftsarchitektin und Sachgebietsleiterin Objektplanung der Stadt Leipzig, Sabine Christiansen hält die Freiraumplanung teilweise für etwas dürftig, was daran liegt, dass „die Landschaftsarchitekten oftmals nur das bekommen, was beim Hochbau übrig bleibt.“ Deshalb sprach sie sich für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften von Landschaftsarchitekt/innen und Architekt/innen aus.

Die Schule im Quartier

„Muss ein Schulhof alles leisten?“ – Diese Frage warf Thomas Gräbel, Architekt vom Büro studio urbane landschaften, in den Raum. Hört die Schule direkt hinter dem Zaun auf, oder sollte man sie nicht vielmehr in den Stadtraum integrieren und ihr einen Wert in der Quartiersplanung beimessen. Somit können Schulen zu zentralen Treffpunkten in Quartieren werden [1]. Dies scheint von allen Seiten gewollt, doch stieß man gleichzeitig auf die vorhandenen Probleme die durch die Öffnung in den Stadtteil entstehen. So war von Verschmutzung, Aufsichtspflicht, Haftungsfragen und Lärmschutz die Rede. Doch gerade in den verdichteten Räumen der Großstädte sind Schulhöfe und ihre Außensportanlagen ein wichtiges Gut, das in den öffentlichen Raum integriert werden sollte. Dies scheint auch politisch nicht einfach umzusetzen. Dabei scheitert man oftmals an simplen Fragen wie: Wer schließt abends das Areal ab? Somit ist ein politisches, aber auch personelles Umdenken von Nöten.

Die Integration der Anwohner/innen des umliegenden Quartiers und der Schülerschaft kann zu höherem Verantwortungsbewusstsein und dem sorgsamen Umgang mit dem Areal beitragen. Falk Schmidtgen, Amtsleiter des Schulverwaltungsamtes Dresden, hält es für notwendig, eine Phase Null auch für Außenräume durchzuführen „damit effektive Lösungen entstehen und keine teuren Kompromissvarianten.“ Dass an dieser Stelle durchaus noch Diskussionsbedarf besteht und aktuell gute Beispiele fehlen, das war auch in der Diskussion zu erkennen.

Die vollen Reihen während der Konferenz zeigen, dass es Veranstaltungen wie diese zum interdisziplinären Austausch braucht, denn: „Wir sehen die Schüler von heute, die in den Schulen von gestern mit Lehrern von vorgestern und Methoden von vorvorgestern auf die Probleme von morgen vorbereitet werden, die wir erst übermorgen erkennen.“ (Niko Kleinknecht – Schulleiter des evangelischen Schulzentrum Muldental, Großbardau)

[1] Anm. d. Red: Siehe z.B. beim Bildungsband Osdorfer Born in Hamburg:
www.schulen-planen-und-bauen.de/bildungsband-osdorfer-born-der-oeffentliche-raum-als-bildungsthema/

Informationen zu der Veranstaltung:
www.aksachsen.org

MDR Radio berichtete von der Schulbaukonferenz 2018 (26. 01.2018):
www.mdr.de/sachsen/leipzig/schule-der-zukunft

Mehr zur Schulbaukonferenz auf Schulen-planen-und-bauen.de:

Schulbau in Sachsen: Schulbaukonferenz und Ausstellung im Haus der Architekten

Autor:innen

Julia Heiser

Julia Heiser studiert im Master Urbanistik an der Bauhaus Universität Weimar. Zuvor hat sie einen Bachelor in Architektur an der FH Anhalt in Dessau absolviert und arbeitet u.a. als studentische Hilfskraft am Lehrstuhl Stadtplanung sowie Raumplanung und Raumforschung der Bauhaus Universität und ist im Kollektiv Raumstation aktiv. Derzeit schreibt sie an ihrer Masterarbeit über die Außenraumplanung von Schulen.