24. November 2023; Von: Lisa Lemke , Sonja Fahr

Ganztag und Raum: vier neue Pilotprojekte gestartet

Mit feierlichen Kick-off-Veranstaltungen sind in Bremen, Mülheim an der Ruhr, Jork und Lüdenscheid die neuen Pilotprojekte „Ganztag und Raum“ gestartet. Damit beginnen an den vier Standorten die Prozesse, in denen integrierte Nutzungskonzepte für einen qualitativen Ganztag erarbeitet werden.

Das Projekt „Ganztag und Raum“ zielt darauf ab, durch Ganztagsentwicklung und veränderte Raumkonzepte und Möblierung – ohne großmaßstäbliche bauliche (Umbau-)Maßnahmen – die Verzahnung von Vormittag und Nachmittag im Ganztag zu einem ganzheitlichen Konzept zu fördern. Das erste Pilotprojekt an der Martin-Schaffner-Schule in Ulm ist bereits abgeschlossen – die Ergebnisse werden in Kürze hier im Blog veröffentlicht. Jetzt starten die Prozesse an vier neuen Standorten:

„Vom Funkturm in den Stadtteil“ – Kick-off an der Grundschule an der Melanchthonstraße in Bremen

Den Beginn der Kick-offs stellte die Grundschule an der Melanchthonstraße in Bremen dar. Das Projekt wurde von Vertreter*innen des Schulträgers, der Schulgemeinschaft und der Eltern, Immobilien Bremen, dem Träger des Horts (Kita Bremen) und der Schulaufsicht eingeleitet. In einem Podiumsgespräch wurde über Inhalte und Fragen zum Projekt informiert und anschließend der Projektstart gemeinsam gefeiert, sich kennengelernt und ausgetauscht.

Unter dem Motto „Miteinander Leben lernen. Miteinander Lernen leben.“ besuchen derzeit 271 Schüler*innen die dreizügige Schule und ca. 100 Kinder im Anschluss an den Unterricht den Hort.

Das Schulgebäude wurde 1954 nach Kriegsschäden neu aufgebaut, der Bestand ist daher in Teilen älter. Über drei Etagen verteilt liegen die zwölf Klassenräume der Flurschule und verfügen jeweils über einen Garderobenvorraum sowie einem erweiterten Bereich, der dem Klassenraum offen angeschlossen ist. Hinzu kommen weitere Themenräume, die zum Teil in einem nutzbaren Souterrain liegen – wie auch die Werkstatt, die Bibliothek oder Teile der Verwaltung. Die Räumlichkeiten des Horts liegen in einem mit dem Hauptgebäude angegliederten Gebäudeflügel mit eigenem Hauptzugang über den Schulhof.

Durch eine Veränderung der zeitlichen Struktur wurden bereits erste Schritte bereitet, die individuelle Lernzeiten, fächervernetzendes und auch klassenübergreifendes Lernen ermöglichen. Aktuell noch als Halbtagsgrundschule mit Mittagessen und Nachmittagsbetreuung im Hort aufgestellt, ist die Zukunftsvision ein ganztägiges Bildungsangebot mit rhythmisiertem Tagesablauf für Kinder und Erwachsene und eine Verzahnung der pädagogischen und Lernangebote, die heute noch vormittags und nachmittags getrennt liegen.

Im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft wird der Prozess durch folgendes Team mit Unterstützung der Stiftung begleitet: Dorle Zweering (Architektin, gernot schulz : architektur) und Andrea Rokuß (Pädagogin, confidio).

„Ganztag ganz anders denken“ – Kick-off an der Grundschule am Dichterviertel in Mülheim an der Ruhr

Auch an der Grundschule am Dichterviertel in Mülheim an der Ruhr fiel der Startschuss. Gemeinsam mit allen Beteiligten wurde der Start des Projekts gefeiert. Das Interesse an „Ganztag und Raum“ war dabei so groß, dass auf einen Raum in einem nahegelegenen Berufskolleg zurückgegriffen wurde.

Die Arbeit der Grundschule am Dichterviertel steht unter dem Leitgedanken „Potentialentfaltung für alle – Wir lernen mehr in Wertschätzung“. Insgesamt lernen 252 Schüler*innen in jahrgangsübergreifenden Klassen, 93 Kinder besuchen davon das Ganztagsangebot, das vom diakonischen Werk Mülheim gestaltet wird. Das Schulgebäude aus den 1970er Jahren umfasst neun Klassenräume, eine Bücherei und einen Mehrzweckraum. Vier Räume werden derzeit für die Betreuung genutzt. Die multifunktional genutzte Eingangshalle mit Lernwaben ist eines der Herzstücke sowohl im Vormittag als auch im Nachmittag. Die Schule setzt mit ihrer Arbeit einen Schwerpunkt auf die Förderung von Bildungsgerechtigkeit und konnte bereits in den letzten Jahren viel erreichen: Nachdem die Schule vor einigen Jahren kurz vor der Schließung stand, wurde ein neues pädagogisches Konzept eingeführt, das die Potentialentfaltung der Lernenden in den Vordergrund stellt. Diese innovative Herangehensweise wurde bereits 2021 und 2023 mit dem deutschen Schulpreis ausgezeichnet. Mit dem Projekt „Ganztag und Raum“ wollen die Beteiligten nun an der Tiefenstruktur der multiprofessionellen Zusammenarbeit und der Verzahnung von Vormittag und Nachmittag arbeiten.

Im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft wird der Prozess durch folgendes Team mit Unterstützung der Stiftung begleitet: Fee Kyriakopoulos (Architektin) und Karin Babbe (Pädagogin) von den Baupiloten.

„Miteinander lernen – füreinander da sein“ – Kick-off für Kinder und Erwachsene an der Grundschule an der Este in Jork

In Jork (Niedersachsen) wurde der Beginn des Projektes nicht nur mit den Erwachsenen gefeiert, sondern am nächsten Tag auch mit der gesamten Schulgemeinschaft. Ziel in Jork wird es sein, die bisherige sowohl räumliche als auch institutionelle Trennung zwischen Hort und Schule miteinander zu einem gemeinsamen ganztägigen räumlichen wie pädagogischen Bildungskonzepts zu führen. Voller Motivation arbeiteten alle Kinder schon am nächsten Tag im Rahmen ihres eigenen Kick-offs „Ganztag und Raum“ daran, Räume des Hortes und der Schule zu erkunden.

Die Grundschule an der Este in Jork ist eine zweizügige Grundschule, die von 163 Schüler*innen besucht wird. Der Hort, die DRK-Kita an der Este, gestaltet ein Nachmittagsangebot für 64 Kinder, wobei die Nachfrage stetig steigt. Das Gebäude der Schule stammt aus dem Jahr 1966 und zeichnet sich durch eine Gebäudetypologie aus, in der die Räume um die zentrale Pausenhalle bzw. im Obergeschoss um großzügig belichtete Flurbereiche angeordnet sind. Die DRK-Kita an der Este besteht aus zwei Häusern, die räumlich dicht beieinanderliegen: Dem „Haupthaus“ und der „Villa“. Im „Haupthaus“ befinden sich drei Gruppen für Kinder im Elementarbereich, eine Integrationsgruppe und eine Gruppe für Kinder im Krippenbereich. Die „Villa“, auf dem Gelände der Grundschule, beherbergt zwei Hortgruppen. Zudem ist eine Hortgruppe in einem Klassenraum der Schule untergebracht. Das pädagogische Motto der Schule „Miteinander lernen – füreinander da sein“ spiegelt sich in drei Säulen wider: „individualisiertes Lernen“, „Miteinander – Füreinander“ und „Erziehungspartnerschaft“. Dabei werden die Kinder in ihrer Individualität wahrgenommen und entsprechend ihres Entwicklungspotentials begleitet und unterstützt. Im Nachmittagsangebot im Hort steht die Freizeitgestaltung der Kinder im Vordergrund. Darüber hinaus wird die Eigenverantwortlichkeit und die Partizipation der Kinder – z. B. innerhalb eines Hort-Kinderrats - gestärkt. Im Rahmen des Projekts „Ganztag und Raum“ sollen nun diese beiden Bereiche, Hort und Schule, zu einem räumlichen wie pädagogisch und organisatorischen Ganztag zusammengeführt werden.

Im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft wird der Prozess durch folgendes Team mit Unterstützung der Stiftung begleitet: Maria Isabettini (Architektin, nonconform) und Nicole Raabe (Pädagogin).

„Tinsberg 2030 – unser Lernzuhause“ – Kick-off an der Tinsberger Schule in Lüdenscheid

Auch in Lüdenscheid wurde der Beginn des Projektes mit der gesamten Schulgemeinschaft, Vertreter*innen des Schulträgers, des Gebäudemanagements, des Trägers der Jugendhilfe (AWO Märkischer Kreis), Eltern und Schulaufsicht gefeiert. Bereits der Beginn der Veranstaltung durch den Kinderchor der Schule zeigte, mit wie viel Leidenschaft und Motivation in Lüdenscheid gelernt wird.

Die insgesamt 220 Kinder der Tinsberger Schule lernen in einem weitläufigen denkmalgeschützten Schulgebäude (Baujahr 1902) mit einem Anbau (Baujahr 1952), mit als erhaltenswert eingestufter Bausubstanz. Die Gebäudestruktur stellt neben dem Bestandsschutz auch besondere Anforderungen an den Umgang mit dem Brandschutz. Nach der Corona-Pandemie steht an der zweizügigen Schule der Beziehungsaufbau zu den Kindern und Familien an erster Stelle. Über den ganzen Tag ist die Tinsberger Schule eine Insel, in der die Kinder eine verlässliche Anlaufstelle für ihre Herausforderungen finden. Dabei steht die individuelle Förderung der Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder im Vordergrund. Team 8 (Lehrkräfte) und Team 12 (pädagogische Mitarbeiter*innen im Rahmen der OGS) arbeiten im Alltag bisher punktuell zusammen. Alle Beteiligten sind motiviert diese Zusammenarbeit zu verstärken.  Gemeinsam wurde eine Vision „Tinsberg 2030 – unser Lernzuhause“ entwickelt, welche ein verändertes Verständnis von Lernen über den ganzen Tag von 8-16 Uhr beinhaltet und an welche das Projekt „Ganztag und Raum“ anknüpfen kann. Beim Kick-off wurde bereits deutlich: Beide Teams wollen zu einem Ganzen zusammenwachsen und sich gemeinsam auf den Weg machen.

Im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft wird der Prozess durch folgendes Team mit Unterstützung der Stiftung begleitet: Karolin Kaiser, Hanne Banduch (Architektinnen, büro luchterhandt & partner) und Klaus Grab (Pädagoge).

Über die Fortschritte und Ergebnisse aus den vier Projekten werden wir hier im Blog berichten. In Kürze erscheint umfangreiches Material zur Dokumentation des ersten, bereits abgeschlossenen Pilotprojektes in Ulm.