Die Sustainable Development Goals [1] bilden den neuen internationalen Referenzrahmen der Völkergemeinschaft für die Postmillenniumdekade 2015-2030. Verabschiedet wurden die Ziele für nachhaltige Entwicklung auf der neunundsechzigsten Tagung der Generalversammlung der Vereinten Nationen im September 2015. Das Bildungsziel, als viertes von insgesamt siebzehn Zielen auf der Agenda, lautet: „Ensure inclusive and equitable quality education and promote lifelong learning opportunities for all.“ (Inklusive, – d.h. jede/n einschließende und damit keine spezifische Gruppe ausschließende, für jede/n offene, frei zugängliche, gleichberechtigte und hochwertige Bildung gewährleisten und Möglichkeiten lebenslangen Lernens für alle fördern) [2].
Eine international bindende Agenda
Auch die OECD wird, wie sie im Editorial Ihres Jahresberichtes „Bildung auf einen Blick 2016“ ankündigt und bereits in einem kurzen Kapitel des Berichts aufzeigt, zukünftig ihre eigenen Daten umfassend im Rahmen diese 4. Ziels bewerten:
„Zu den wichtigsten Aufgaben der OECD gehört es, Daten zu vergleichen, Kenngrößen zu entwickeln, von guten Beispielen zu lernen und den Erfahrungsaustausch zu fördern. Bildung auf einen Blick hat sich immer auf die Datenerhebung und die entsprechende Berichterstattung konzentriert; aber jetzt können die Indikatoren im Dienst von Ziel 4 dazu beitragen, das Wohlergehen der Menschen und die volkswirtschaftlichen Ergebnisse in mehr Ländern und für mehr Menschen zu verbessern.“ [3]
Mit den neuen Postmillenniumszielen der Völkergemeinschaft ist auch Deutschland in der Pflicht zur Umsetzung des verabschiedeten Bildungsziels und seiner Implementierungsmechanismen. Zur Bedeutung dieser Agenda für Deutschland betonte die Deutsche UNESCO-Kommission bereits in ihrem Jahresbericht 2015:
„Die Weltgemeinschaft hat mit den Schwerpunkten Inklusion, Chancengerechtigkeit, Qualität und lebenslanges Lernen erstmals eine ambitionierte Bildungsagenda verabschiedet, die alle Mitgliedstaaten – Industrie- und Entwicklungsländer gleichermaßen – adressiert. Mit der universell gültigen Agenda „Bildung 2030“ wird in Deutschland ein Perspektivenwechsel notwendig: Wie alle Industrieländer soll sich Deutschland nicht nur als Geberland im Rahmen der internationalen Entwicklungszusammenarbeit angesprochen fühlen, vielmehr muss die deutsche Bildungspolitik als Gestalter der hiesigen Bildungslandschaft und somit als entscheidender Akteur zur Umsetzung der Bildungsziele in Deutschland ihrer Verantwortung gerecht werden.“ [4]
Implementierungsmechanismen
Deutschland rückt damit selbst in den Fokus der Frage, wie wir es denn mit inklusiver und gerechter, qualitativ hochwertiger Bildung für alle in unserem Land halten. Das Dokument zur Verabschiedung dieser Agenda, in dem die Ziele der Dekade 2015-2030 und ihre Implementierungsmechanismen formuliert sind, liegt mittlerweile unter dem Titel „Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ in deutscher Übersetzung vor. Dort findet man im Anschluss an die zentrale Formulierung des Bildungsziels eine Auflistung spezifizierender Unterziele und der vier Implementierungsmechanismen: Der erste lautet: “Bildungseinrichtungen bauen und ausbauen, die kinder-, behinderten- und geschlechtergerecht sind und eine sichere, gewaltfreie, inklusive und effektive Lernumgebung für alle bieten“. [5]
Es gibt somit für die konkret anliegenden baulichen Bedarfe für Bildungsinfrastrukturen in unseren Städten und Gemeinden eine international bindende Agenda, die eine Zielrichtung und eine daran gebundene qualitative Ausgestaltung vorlegt. Hier bleibt zu wünschen, dass die entsprechenden Arbeitskreise der Bildung für nachhaltige Entwicklung auf Bundesebene in Zusammenarbeit mit den zuständigen Bundesministerien Einfluss nehmen. Dabei muss auch die Frage der Beteiligung des Bundes in der Förderung von Bildungsbauten geklärt werden, um dem internationalen Anspruch des Bildungsziels der SDG’s entsprechen zu können. Ein erster Schritt ist getan, wenn den in diesem Kreis engagierten Akteur/innen klar wird, dass wir in den nächsten zehn Jahren so oder so 34. Milliarden Euro für Schulbau verplanen und verbauen werden. Welch eine historische Chance für Deutschland, diese Investitionen mit der UN-Postmillenniumsagenda und ihrem ambitionierten Bildungsziel entlang des ersten Implementierungsmechanismus zu verknüpfen!
Eine Herausforderung für Deutschland
Das Deutschland vor einer großen Herausforderung stehe betonte Prof. Dr. Aaron Benavot, Direktor des Weltbildungsberichts der UNESCO, am 13. September 2016 in Bonn. Beim Launch im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) wurde der Weltbildungsbericht vorgestellt, der zum ersten Mal auf Grundlage des formulierten Bildungsziels der SDG’s verfasst wurde. Im Anschlussgespräch an die Darlegung zentraler Befunde des diesjährigen Berichts, führte Aaron Benavot auf Nachfrage das Spannungsfeld auf, das im Deutschen Umgang mit dem Begriff Inklusion immer noch vorherrscht: Der international gebräuchliche Begriff von „inclusivness“ werde hierzulande unter Einschränkung des Begriffskonzepts allein auf die Thematik von Menschen mit Behinderungen angewandt. Neben einigen anderen asiatischen Ländern müsse Deutschland dringend Anstrengungen unternehmen, um die Implikationen des international gebräuchlichen Verständnisses von Inklusion zu erreichen.
[1] Siehe: Sustainable Development Goals:
www.sustainabledevelopment.un.org
[2] Siehe: Deutsche Übersetzung zu „inclusive“:
www.dict.cc/englisch-deutsch/inclusive
[3] Vgl.: OECD Bildung auf einen Blick 2016; S.15.
www.oecd-ilibrary.org/education/bildung-auf-einen-blick-2016
[4] Vgl.: Jahresbericht Deutsche UNESCO-Kommission 2015; S.29.
www.unesco.de/DUK_Jahresbericht_2015.pdf
[5] Vgl.: Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung; S. 19. www.bmfsfj.de/agenda-2030-data.pdf