Ziel des Projekts Schulbau Open Source (SOS) der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft ist es, auf Grundlage zukunftsorientierter Pädagogik innovative Schulbauprojekte zu realisieren – und das dabei gewonnene Wissen weiterzugeben. Denn um die dringend nötigen Innovationen voranzutreiben, braucht es den Austausch zwischen den Akteuren. Und das meint nicht nur Pädagoginnen und Planerinnen, sondern auch Entscheider*innen.
Denn auf Seiten von Schulträgern, Verwaltungen und Planungsbehörden entscheidet sich, was baulich umgesetzt wird: Und damit, ob unsere Schulbauten einer zeitgemäßen Pädagogik gerecht werden. Deshalb hat die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft am 23.03.2023 in der Bildungslandschaft Altstadt Nord (BAN) in Köln die Veranstaltung Kommunaler Austausch: Innovationen im Schulbau veranstaltet.
Dabei zeigte schon allein das große Interesse, wie weit das Bewusstsein um die Notwendigkeit von Veränderungen im Schulbau bereits verankert ist: 70 Menschen aus mehr als 30 Kommunen in 10 Bundesländern waren der Einladung nach Köln gefolgt.
Warum sich Schule ändern muss – und was das bedeutet
Nach einer Begrüßung durch Stiftungs-Vorständin Barbara Pampe wurde der Tag durch zwei Impulsvorträge eröffnet. Dabei skizzierte Myrle Dziak-Mahler, Rektorin der Alanus-Hochschule in Alfter, gleichermaßen engagiert wie präzise, dass wer sich in einer Welt bewegt, die von konstanten Veränderungen geprägt ist, in der Lage sein muss, mit Veränderungen umzugehen. Und wer diese Fähigkeit an Schüler*innen vermitteln will, muss selbst über sie verfügen. Das macht change literacy, ‚Veränderungskompetenz‘, zum kritischen Erfolgsfaktor für Pädagog:innen.
Denkt man das weiter, wird schnell klar, dass diese Bereitschaft, Veränderungen mitzutragen, ja, ihre Notwendigkeit als Chance zu begreifen, sich nicht auf die Arbeit von Pädagoginnen und Lehrkräfte beschränkt. Sie muss ebenso auf Seiten der Entscheiderinnen und Planer*innen vorhanden sein.
Was das für diese Akteure bedeutet, führte Ute Sauer, Leiterin des Stadtschulamts Frankfurt a. M., im zweiten Vortrag aus. Dabei machte sie klar: Um Veränderungen begegnen zu können, müssen alle Beteiligten bereit sein, ihrerseits Veränderungen umzusetzen. Das bedeutet aber auch, dass die Verantwortlichen sich bemühen müssen, alle Akteure in die Entscheidungsfindungsprozesse zu integrieren. Denn „gut verwalten heißt, gut gestalten können“, und „gestalten bedeutet, Menschen […] zu beteiligen und zu Beteiligten zu machen.“
Diskussionen in den Fach-Workshops
Die Teilnehmerinnen trafen sich nach den Impulsvorträgen in Workshops zu den fachspezifischen Themen. Eingeleitet und moderiert wurden die Gruppendiskussionen von Expertinnen aus den Schulbau-Open-Source-Pilotprojekten in Weimar und Kassel. Dadurch konnten die Teilnehmer*innen direkt von den dort gewonnenen Erfahrungen profitieren und anschließend ihre eigenen Fragen und Lösungsansätze in die Workshopgruppe einbringen und diskutieren.
So erörterte Landschaftsarchitektin Sabine Rabe vom arge studio urbane Landschaften im Workshop Außenraum das Freiflächenkonzept beim ersten SOS-Pilotprojekt, dem Neubaus der Staatlichen Gemeinschaftsschule in Weimar, die dezidiert als „Schule im Park“ geplant wird.
Dr. Dirk Lorenz vom Ingenieurbüro IBC Ingenieurbau Consult, das bei den Pilotprojekten in Kassel und Weimar mit der Brandschutzplanung beauftragt ist, leitete den Workshop zum Thema Brandschutz.
Über den Themenkomplex Kosten diskutierten die Teilnehmer*innen mit Frank Hausmann von der Hausmann Architekten GmbH, die beim SOS-Pilotprojekt in Weimar die Planungsphasen Null bis Zwei durchgeführt hat.
Gemeinsam mit Anika Schams, Leiterin des Sport- und Schulverwaltungsamtes in Weimar, sprach Architektin Raphaella Burhenne de Cayres von gernot schulz : architektur anhand des Konzepts des SOS-Pilotprojektes in Weimar über das Thema Möblierung.
Christoph Böhm vom Akustik-Ingenieurbüro Moll präsentierte erste Ergebnisse aus der von der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft im Rahmen des zweiten SOS-Pilotprojektes in Kassel beauftragten Untersuchung Akustik im Schulbau. Dabei verwies er darauf, dass die Regulierungen und Normen in diesem für gelungenes Lernen eigentlich so zentralen Bereich bislang oftmals unzureichend oder lückenhaft sind. Um sinnvolle und pädagogisch wirksame Lösungen zu finden, müssen sich Planer*innen deshalb oft in einem explorativen Modus bewegen.
Deshalb plant die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft eine neue Veröffentlichung zum Thema Raum- und Bauakustik im Schulbau, die die mit den „Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland“ und „Brandschutz im Schulbau“ begonnene Reihe fortführen soll.
Mut zur Veränderung
Die Ergebnisse der Diskussionen wurden auf großformatigen Postern gesammelt und anschließend im Plenum in Form eines Gallery Walks präsentiert. Dabei zeigte sich, dass – neben fachspezifischen Fragen – drei Grundgedanken für alle Themen zentral waren: Der Mut zur Veränderung, die Offenheit, außerhalb ausgetretener Pfade zu denken, und die Einbeziehung aller Betroffenen.
Deshalb gilt es, Schulen nicht mehr nach vorgefertigten Rezepten zu bauen oder als geschlossene Projekte zu denken. Stattdessen muss man Schulen und ihre Räume von der Nutzung her denken – und damit von denen aus, für die sie gebaut werden: den Schüler*innen und denen, die in Schule arbeiten.
Wie das aussehen kann, demonstrierten die abschließenden Führungen durch die Bildungslandschaft Altstadt-Nord durch die Architektin Raphaella Burhenne de Cayres vom Architekturbüro gernot schulz : architektur und den ehemaligen Abteilungsleiter Schulbau vom Amt für Schulentwicklung Köln, Michael Gräbener. Dabei wurde für alle Anwesenden deutlich, was möglich ist, wenn Architektur und Pädagogik im Dialog denken.