11. Mai 2023; Von: Peter Sich

SOS-Pilotprojekt Weimar: Praxisbeispiel für innovativen Schulbau bei der IBA Thüringen

Zukunftsfähiger Schulbau braucht den Dialog von Architektur und Pädagogik. Wie dieser gestaltet werden kann und welche Lösungen dabei entstehen, zeigen wir an unserem Pilotprojekt in Weimar, das Teil der Abschlussausstellung der IBA Thüringen ist.

Zwei Wochen nach dem Richtfest präsentiert die Internationale Bauausstellung Thüringen (IBA) bei ihrer Abschlussausstellung „StadtLand. Von Thüringen lernen“ unter anderen den Neubau der Staatlichen Gemeinschaftsschule Weimar, das erste Pilotprojekt von Schulbau Open Source (SOS).

Aufführung in der alten Turnhalle beim Richtfest in Weimar

Beides sind wichtige Schritte. Denn mit der Fertigstellung des Rohbaus tritt das Bauprojekt in eine neue Phase. Nach den Sommerferien 2024 sollen die Schüler*innen hier einziehen. Die IBA-Abschlussausstellung hingegen macht das Projekt einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich. Und das ist ganz im Sinne des Grundgedankens von Schulbau Open Source: innovative Lösungen im Schulbau finden und diese weiterkommunizieren, damit bessere Schulen gebaut werden. Dafür ist es nötig, veraltete Regularien und überholte Vorgaben kritisch zu hinterfragen.

Schulbau Open Source (SOS)

Um innovativen Schulbau voranzutreiben, stellt die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft alle Planungsunterlagen und im Prozess gewonnenen Ergebnisse des Pilotprojekts in Weimar auf ihrer Online-Plattform ‚Schulbau Open Source‘ öffentlich zur Verfügung. Zukünftig werden auf der Plattform weitere Modellvorhaben dokumentiert, um die darin enthaltene Ideen und Lösungen zu verbreiten. Dies soll anderen ermöglichen, diese nachzuvollziehen und auf die vor Ort vorhandenen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen zu übertragen. So trägt die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft dazu bei, die Innovationsimpulse zu setzen, die der Schulbau in Deutschland so dringend nötig hat.

Um innovativen Schulbau voranzutreiben, stellt die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft alle Planungsunterlagen und im Prozess gewonnenen Ergebnisse des Pilotprojekts in Weimar auf ihrer Online-Plattform ‚Schulbau Open Source‘ öffentlich zur Verfügung. Zukünftig werden auf der Plattform weitere Modellvorhaben dokumentiert, um die darin enthaltene Ideen und Lösungen zu verbreiten. Dies soll anderen ermöglichen, diese nachzuvollziehen und auf die vor Ort vorhandenen Gegebenheiten und Rahmenbedingungen zu übertragen. So trägt die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft dazu bei, die Innovationsimpulse zu setzen, die der Schulbau in Deutschland so dringend nötig hat.

Schulbau als partizipativer Prozess

Für nachhaltige und zukunftsfähige Schulbauten ist die enge Abstimmung der Architektur auf die pädagogischen Anforderungen zentral. Deshalb ist auch der Neubau in Weimar das Ergebnis eines intensiven partizipativen Prozesses. Bei diesem hat die Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft die Schule seit 2016 begleitet, zunächst mit der Durchführung einer Phase Null mit der Unterstützung eines erfahrenen Schulbauberatungsteams.

Auch danach hat die Stiftung ihre aktive Unterstützung in den weiteren Leistungsphasen fortgesetzt. Daneben waren und sind zahlreiche weitere Akteure beteiligt: Architektinnen, Planerinnen, Ingenieurinnen, Vertreterinnen der Stadt Weimar und des Landes Thüringen, die IBA Thüringen – und natürlich die Schulgemeinschaft.

Lesetipp: Baunetzwoche

In der Ausgabe #619 berichtet die Baunetzwoche ausführlich über die IBA Thüringen.
Ab S. 21 stellt das Magazin das Projekt in Weimar vor. Das PDF-Magazin kann auf der Website von Baunetz kostenlos heruntergeladen werden. In zahlreichen Workshops und Exkursionen wurden Anforderungen formuliert, Erwartungen ausgehandelt, vielfältige Lösungen gefunden und innovative – und oft mutige – Entscheidungen getroffen. Das Ergebnis ist ein innovativer Schulbau mit Signal- und Modellcharakter.

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In der Ausgabe #619 berichtet die Baunetzwoche ausführlich über die IBA Thüringen.

Ab S. 21 stellt das Magazin das Projekt in Weimar vor. Das PDF-Magazin kann auf der Website von Baunetz kostenlos heruntergeladen werden.

In zahlreichen Workshops und Exkursionen wurden Anforderungen formuliert, Erwartungen ausgehandelt, vielfältige Lösungen gefunden und innovative – und oft mutige – Entscheidungen getroffen. Das Ergebnis ist ein innovativer Schulbau mit Signal- und Modellcharakter.

Gebäudeentwurf der Staatlichen Gemeinschaftsschule Weimar

Den Kern des Neubaus bilden drei baugleiche Baukörper, die sich auf unterschiedlichen Höhenniveaus im parkähnlichen Gelände in Nähe der bestehenden Turnhalle erheben. Die einzelnen Geschosse der drei Gebäude sind offen gestaltet. So entstehen großzügige Lernlofts von je ca. 400 m² Größe. Durch ihre anpassbare und veränderbare Inneneinrichtung lassen sie sich jeweils individualisieren und langfristig variabel nutzen. So bieten die Lernhäuser zukünftig jahrgangsgemischten Gruppen individuelle Lern- und Lebensorte.

Dabei wird der gesamte Raum bestmöglich als pädagogische Fläche genutzt. Auf den althergebrachten „Schulflur“ kann demzufolge verzichtet werden. Stattdessen sind die Flure bzw. horizontalen Erschließungsflächen in das räumlich-pädagogische Konzept eingebunden.

Die vertikale Erschließung hingegen wird in den Außenraum verlegt: Die oberen Geschosse erreicht man über außenliegende Treppen. So werden nicht nur Flächen im Inneren freigehalten, sondern in Kombination mit den umliegenden Balkonen auch Bezüge zum Außenraum eröffnet.

Verbindung ins Außen: Die Staatliche Gemeinschaftsschule Weimar als Schule im Park

Denn diese Verbindung zum Außenraum ist ein zentraler Aspekt der Planung. Das Schulgebäude am Hartwege ist dezidiert als Schule im Park konzipiert. Das Gelände ist weitestgehend entsiegelt und bietet vor allem viel naturnahe Flächen und ausreichend Raum für Sport und Bewegung. Durch Remisen aus Holz für Möbel und Lehrmaterialien werden auch die Freiraumflächen für den Schulalltag nutzbar. Aber das Einbeziehen des umliegenden Geländes ermöglicht nicht nur, die pädagogischen Flächen um den Außenraum zu erweitern, sondern auch, die Schule ins Quartier hin zu öffnen. Hierdurch ist die Schule stärker in den Stadtraum eingebunden, was die wechselseitige Identifikation fördert: Schule öffnet sich zur Stadt, Stadt zur Schule.

Dieser wechselseitige Bezug zwischen Außen und Innen spiegelt sich auch in der Gestaltung der Fassade: Bodentiefe Fenster eröffnen auch kleineren Kindern den Blick nach draußen und ermöglichen ein Beleuchtungskonzept, das vorrangig mit dem vorhandenen Tageslicht arbeitet. Das steigert das Wohlbefinden, beugt Ermüdungserscheinungen vor und fördert so ganztägig den Lernerfolg.

Technik und Innovation im Schulbau

Innovative Ansätze in der Raumgestaltung erfordern aber auch neue Ideen in anderen Bereichen wie der Technik. Auch hierbei zeigt sich, dass sich im Dialog innovative Lösungen finden und Synergieeffekte nutzen lassen.

Die bodentiefen Schiebefenster erlauben es nicht nur, die Fläche der Innenräume maximal zu nutzen, sondern auch, die Lernorte um die angrenzenden umlaufenden Balkone und Außenflächen zu erweitern.

Und in Kombination mit den Raumhöhen ermöglichen die Fenster eine natürliche Belüftung mit hoher Luftqualität bei geringem Energieeinsatz. Die offene Grundrissgestaltung und die geplante Gebäudetiefe machen eine Querlüftung und damit einen guten Luftwechsel möglich. Auf aufwendige Technik kann dabei weitgehend verzichtet werden.

Dadurch, dass die Gebäudestruktur auf einer Skelettkonstruktion beruht und der Roh- vom Innenausbau getrennt ist, lassen sich die Räume mit geringem Aufwand anpassen. So können sie später problemlos den pädagogischen Entwicklungen angepasst und gegebenenfalls auch ungenutzt werden. Das erhöht die Nachhaltigkeit des Entwurfs. Durch die Verteilung der Flächen auf drei Häuser können ließen sich später auch nur einzelne Häuser oder sogar einzelne Geschosse für andere Nutzungen umplanen.

All dies sind Beispiele, die aufzeigen, was möglich ist, wenn Pädagogik und Architektur im Dialog denken. Es sind innovative Lösungen – aber es sind individuelle Lösungen. Denn gute Schularchitektur steht immer in Bezug zu den konkreten pädagogischen, kulturellen und städtebaulichen Kontexten vor Ort und bietet angepasste differenzierte Lösungen. Deshalb lassen sich die beim Neubau der Staatlichen Gemeinschaftsschule Weimar getroffenen Entscheidungen zwar nicht 1:1 auf andere Schule anwenden. Aber sie zeigen modellhafte Antworten auf wiederkehrende Fragen und Probleme. Durch ihre nachvollziehbare Darstellung auf Schulbau Open Source lassen sie sich leicht auf andere Kontexte anpassen und weiterentwickeln. Und vor allem demonstrieren sie, was möglich ist, wenn man mutig vorangeht, offen für Neues bleibt und Schulbau als gemeinschaftliche Aufgabe begreift.

Projektbeteiligte SOS-Pilotprojekt Weimar

Architektur: Hausmann Architekten GmbH (Phase Null, Objektplanung Leistungsphasen 1 bis 2); gernot schulz architektur GmbH (critical friend Leistungsphasen 1 bis 2, Objektplanung Leistungsphasen 3 bis 9, mit Ernst² Architekten AG Objektplanung (Leistungsphasen 6 bis 9); Freianlagenplanung: arge studio urbane landschaften (Leistungsphasen 1 bis 5); Station C23 (Leistungsphasen 4 bis 8); HLS-Planung: Ingenieurbüro Hausladen GmbH (Leistungsphasen 1 bis 3); IEB Haustechnik (Leistungsphasen 4 bis 6); Pädagogische Beratung: Walter Heilmann; Akustik: Hoock & Partner Sachverständige PartG mbB (Leistungsphasen 1 bis 6); Bauphysik: Ingenieurbüro Hausladen GmbH (Leistungsphasen 1 bis 6); Beratung Küchenplanung und Verpflegungskonzept: Ökomarkt e.V.; Brandschutz: IBC Ingenieurbau-Consult GmbH; Elektroplanung: Fruth, Grässner & Partner GmbH (Leistungsphasen 1 bis 3); STF Energy GmbH (Leistungsphasen 4 bis 6); Risikomanagement: Ingenieurbüro BMPesch; Tragwerkplanung: Ingenieurbüro Matthias Münz (Leistungsphasen 1 bis 3); Leonhardt, Andrä und Partner Beratende Ingenieure VBI AG (Leistungsphasen 4 bis 6).

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Schulbau Open Source – Planungswissen für Innovationen im Schulbau

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