19. Mai 2017; Von: Dr Karl-Heinz Imhäuser

Schulraumnotstand droht! Bringen Fahrpläne für die Beschleunigung von Schulbauverfahren die Lösung?

Die Stadt Frankfurt beschließt die Verfahrensbeschleunigung im Schulbau. Ungeklärt sind die Frage nach inhaltlichen und typologischen Planungsrahmen. Wie wirken sich schnell durchgeführte Baumaßnahmen auf die Kosten aus?

Derzeit dominiert in Städten und Kommunen die Idee von Beschleunigung um der Beschleunigung willen. In Frankfurt sollen Provisorien in schneller Holzmodulbauweise entstehen, um Zeit und Geld zu sparen. Baudezernent Jan Schneider (CDU) kommentierte dazu in der Frankfurter Neuen Presse: „Es stimmt, die Provisorien sind nicht günstiger als andere Bauten. Wir können sie nur schneller errichten“ [1]. Die Praxis zeigt aber – mit der Verfahrensbeschleunig allein ist es nicht getan. Vor dem Hintergrund knapper räumlicher Kapazitäten insbesondere in den großen Ballungszentren müssen beschleunigte Verfahren mit dem Wissen um die Notwendigkeit neuer räumlicher Typologien verbunden sein. Vier Verfahrensmodalitäten bilden hier eine Systematik für die Gestaltung der Planungs- und Bauprozesse, um einerseits mit der aktuellen Zeitproblematik umzugehen und andererseits auf gesellschaftliche Veränderungen mit neuen pädagogischen Konzepten in unseren Schulen zu reagieren.

I. Sofort als temporäre Maßnahme in Modulbauweise bzw. mit Container umzusetzende Baumaßnahmen.

a.         Vor dem Hintergrund akut zu realisierender Raumbaubedarfe innerhalb kürzester Fristen, die nur durch die Errichtung temporärer Bauten, d.h. in der Regel Container gewährleistet werden können, sollten wenige Typen der Zusammensetzung von Containern in Cluster und offenen Lernlandschaften definiert werden, die standortspezifisch umgesetzt werden können. Beispielgebend ist hier die Lösung in der Nutzung von Containern als offene Lernlandschaft, wie sie die Projektplanungsgruppe der Heliosschule – Inklusive Universitätsschule der Stadt Köln im Rahmen der Realisierung kurzfristiger Raumbedarfe entwickelt hat. Auch die Ritaharju Schule in Oulu (Finnland) setzte so die Cluster-Lösung um.
b.         In der gerade veröffentlichten Aktualisierung der Stadt Köln zur Schulentwicklungsplanung Köln 2016 beschreibt diese beispielhaft, die Verwaltung sehe „auch um Baumaßnahmen zu beschleunigen – vor, bei Bauvorhaben verstärkt auf flexible und modulare Bauweisen zu setzen. Schulbauten ‚für die Ewigkeit’ gehören eher der Vergangenheit an.“ [2]

II. Sofort umzusetzende Baumaßnahmen

Hierzu braucht man einen Planungsrahmen wie in München und Köln, der definiert was gebaut werden soll. Notwendig wäre es auch hier, wenige Typologien zu definieren, um standortspezifisch zu entscheiden, was gebaut werden kann. Denkbar sind eine begrenzte Anzahl an Varianten für Cluster und offene Lernlandschaften. Da es in Frankfurt bei den sofort zu bauenden 30 neuen Schulen um Neugründungen geht, sind hier Nutzer/innen-Beteiligungsprozesse nur in ganz begrenztem Umfang (wenn überhaupt?) durchführbar.

III. Mittelfristig anstehende Baumaßnahmen

Um die Planungsabteilungen und die Schulen in den jeweiligen Ländern, Kommunen und Städten insgesamt „mit Wissen anzureichern“ empfiehlt es sich, qualifizierte Phase Null Prozesse entlang der Systematik durchzuführen, wie wir sie unter anderem entwickelt haben. [3] Dazu kann man ggf. Bündelungen von mehreren Prozessen an Beratungsteams vergeben. Hier ist die Qualität der weiteren Planungsfragen gleichfalls auf höchstem Niveau durchzuführen (Wettbewerbe), damit neben den begrenzten Varianten der sofort umzusetzenden Baumaßnahmen ohne „tiefe“ Planungsvorläufe, eine kreative, anregungs- und variantenreiche neue Schulbauarchitektur und -kultur entsteht, die wiederum auf die zukünftigen variantenärmeren Prozesse der Stufe II anregend und anreichernd zurückwirkt.

IV. Längerfristig anstehende Baumaßnahmen

Hier können im Vorlauf insbesondere mit Schulleitungen und Kollegien über Landesinstitute oder andere auch kommunale Fort- und Weiterbildungsträger (Kompetenzteams und Regionale Bildungsbüros) nutzerqualifizierende Fortbildungen angeboten werden. Dadurch können die Einarbeitung in die Nutzerbeteiligung und die dort gestellten Anforderungen zeitlich optimiert und damit auch die Prozesse und Projektzeiten verkürzt werden.

[1] Frankfurter Neue Presse (10.03.2017):
www.fnp.de/Mit-zuegig-errichteten-Provisorien-will-Frankfurt-den-Schulbau-beschleunigen

[2] Schulentwicklungsplanung Köln 2016, S. 25:
www.ratsinformation.stadt-koeln.de

[3] Vgl. Schulen planen und bauen. Grundlagen und Prozesse. Montag Stiftung Urbane Räume, Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft, Seelze/Berlin 2012. Siehe auch: www.schulen-planen-und-bauen.de/phase-null

Autor:innen

Dr Karl-Heinz Imhäuser

Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung  ist Mitglied der Hauptversammlung der Deutschen UNESCO-Kommission und des Expertenkreises für inklusive Bildung.