03. März 2017; Von: Britta Grotkamp , Päivi Kataikko-Grigoleit

Pilotprojekte Inklusive Schulen planen und bauen: Exkursion Glückaufschule-Ückendorf

Viele neue Impulse für die Phase Null an der Gelsenkirchener Schule sammelte die Planungsgruppe während der Schulbesuche in Süddeutschland.

Im bisherigen Verlauf der Phase Null an der Glückaufschule-Ückendorf sind unterschiedliche Ideen zum pädagogisch-architektonischen Konzept erarbeitet und mögliche Entwicklungsszenarien für die Schule zusammengetragen worden. Wichtige Fragen und Aspekte, die dabei aufgekommen sind, müssen nun im weiteren Prozess nach und nach konkretisiert werden. Sie betreffen vor allem das pädagogisch-räumliche Konzept von dezentralen Einheiten (Clustern), die Integration der Ganztagsbereiche in diese Cluster, die Organisation der Arbeitsplätze für das Personal und die Ausgestaltung der Schule als offene Stadtteilschule. Um diese Entscheidungsprozesse mit Erfahrungen und Eindrücken aus der Praxis zu unterstützen, begab sich die erweiterte Planungsgruppe im Januar 2017 auf Exkursion zu beispielhaften Schulbauten nach Süddeutschland.

Der Aufwand einer mehrtägigen Exkursion bedeutete für die kleine Schule ein organisatorisches Meisterstück. Die Abwesenheit eines großen Teils des Kollegiums erforderte einen guten Vertretungsplan, um den reibungslosen schulischen Betrieb zu gewährleisten. Außerdem zeigte die Recherche nach geeigneten Exkursionszielen schnell – die Auswahl in Nordrhein-Westfalen und den benachbarten Bundesländern ist für die pädagogischen und architektonischen Fragen, die sich in der Glückaufschule-Ückendorf stellen, gering. So führte die Exkursion schließlich nach Süden: In das Bildungshaus Westpark in Augsburg und in die Grundschule am Ilse-von-Twardowski-Platz in München. Schon im Zug war die Stimmung gut und die 17 Teilnehmenden blickten voller Erwartung auf eine inspirierende Reise. Ein kleiner Reader, von uns als „Reisebegleiter“ vorbereitet, enthielt neben wichtigen Informationen zu den beiden Schulen konkrete Aufgaben für die Teilnehmenden.

Augsburg: Bildungshaus Westpark

Nach einem geselligen Abendessen mit interessanten Gesprächen führte der nächste Tag in das Bildungshaus Westpark in Augsburg. Diese mittlerweile fünfzügige Grundschule, die sich ihr Gebäude mit einer Kindertagesstätte teilt, gibt ein gutes Beispiel für Cluster mit offenen, von mehreren Klassen gemeinsam genutzten Lerninseln und der Einrichtung von einigen Ganztagsklassen. Schon der erste Eindruck von der Schule war sehr positiv: hell, viel Platz, ein herzlicher Empfang durch den Hausmeister und die stellvertretende Rektorin Frau Schafitel. Aauffallend waren vor allem die Kindergruppen, die sich entspannt und ruhig durchs Haus bewegten. Frau Schafitel schaffte sofort eine Atmosphäre der Vertrautheit und machte sehr schnell klar, dass trotz des beeindruckenden Schulgebäudes auch in Bayern „nur mit Wasser gekocht“ wird. Transparenz, Offenheit, Ausstattung, Materialwahl, die angenehme Lernatmosphäre und die Vielfältigkeit der möglichen Lernsituationen gaben der Gruppe einen guten Einblick, was alles möglich ist. Sie inspirierten zu neuen Ideen, wie das Lernen, Lehren und Leben in der eigenen Schule in Gelsenkirchen aussehen könnte. Auch der Schulhund und seine Rolle im pädagogischen Alltag der Schule haben in der Gruppe einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen – mit dem Wunsch, dies möglichst auf die Glückaufschule übertragen zu können.

München: Grundschule am Ilse-von-Twardowski-Platz

Mit dem Reisebus ging es weiter nach München. An der Grundschule am Ilse-von-Twardowski-Platz erwartete die Gruppe im Foyerbereich ein vertrautes Bild: An den zahlreichen Flaggen unterschiedlicher Nationen sieht man, auch hier haben die Schüler/innen ähnlich viele Wurzeln in alle Welt wie die Schulkinder in Gelsenkirchen.
Nach einem »Pädagogischen Happen«[1] in der kleinen Mensa begann die Besichtigung der Schule. Sie ist als erste Schule nach dem neuen Münchener Lernhauskonzept [2] errichtet worden und zeichnet sich durch eine klare Organisation der beiden Lernhäuser für jeweils einen der beiden Züge aus. Die Räume der Ganztagsbetreuung und gemeinsame offene Lernflächen sind in die Lernhäuser integriert. Es fanden sich viele kleine und große Details, die für die weitere Planung des Schulgebäudes in Gelsenkirchen von Bedeutung sein könnten. Genauso wichtig war es jedoch auch, zu erkennen, was womöglich nicht übertragbar sein könnte, weil sich die konzeptionellen Überlegungen unterscheiden. Auch dies trug zur Klärung von offenen Fragen bei.

Mit den beiden Schulen in Augsburg und München hat die Gruppe zwei ähnliche und zugleich sehr unterschiedliche Grundschulen besucht, aus denen sie hilfreiche Eindrücke und Erfahrungen mitnimmt, wie zeitgemäße pädagogische Konzepte mit entsprechenden Räumlichkeiten, Ausstattungen und Atmosphären einhergehen. Es war wichtig zu sehen, wie pädagogisch-räumliche Lösungen 1:1 funktionieren und dabei zu erkennen, dass manche Ideen aus den bisherigen Workshops nun gar nicht mehr so utopisch anmuten: An anderen Schulen werden sie bereits mit gutem Erfolg praktiziert. Die anfängliche Unsicherheit, ob sich der weite Weg nach München überhaupt lohnt, war daher schnell verflogen. Mit der halbernst gemeinten Frage »Können wir bitte noch einmal wegfahren«? zogen die Teilnehmer/innen ein einhellig positives Resümee der Exkursion.

[1] Der »Pädagogische Happen« ist Teil des Pädagogischen Konzeptes und meint eine Essenskultur an der Schule bei der Lehrkräfte und Schüler/innen gemeinsam das Mittagessen in der Schulmensa einnehmen.

[2] Informationen rund um das Münchener Lernhauskonzept:
www.schulen-planen-und-bauen.de/praxisbuch-muenchener-lernhaus

Die Autorinnen: Britta Grotkamp und Päivi Kataikko-Grigoleit begleiten als Schulbauberaterinnen-Team im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft das „Pilotprojekt Inklusive Schulen planen und bauen“ an der Glückaufschule in Gelsenkirchen. Weitere Informationen zum Pilotprojekt:
www.schulen-planen-und-bauen.de/phase-null-in-gelsenkirchen

Autor:innen

Britta Grotkamp

Britta Grotkamp ist freie Pädagogin und Mitglied im Verein JAS – Jugend Architektur Stadt e. V. Päivi Kataikko-Grigoleit ist Architektin und Vorsitzende von JAS – Jugend Architektur Stadt e. V. Gemeinsam mit Dirk E. Haas führt sie das Planungsbüro REFLEX architects_urbanists, das sich bevorzugt mit Aufgaben und Projekten an der Schnittstelle von Bildung, Architektur und Stadtplanung befasst. Britta Grotkamp und Päivi Kataikko-Grigoleit begleiten als Schulbauberaterinnen-Team im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft das „Pilotprojekt Inklusive Schulen planen und bauen“ an der Glückaufschule in Gelsenkirchen.

Päivi Kataikko-Grigoleit

Päivi Kataikko-Grigoleit begleit als Schulbauberaterin im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft das „Pilotprojekt Inklusive Schulen planen und bauen“ an der Glückaufschule in Gelsenkirchen.

Phase Null Abschlussbericht: Glueckaufschule Gelsenkirchen

Abschlussbericht