30. Oktober 2015; Von: Caroline Eckmann

„Die Zukunft des Schulbaus liegt in der Gegenwart“

Beim BDA Montagsgespräch ging es am 26.10. um ein Thema, das aktuell vor allem wachsende Großstädte beschäftigt: Wie reagiert man mit Plan und Qualität auf den hohen Bedarf an neuen Schulbauten?

„Nach vorsichtigen Hochrechnungen“, schrieb der BDA Köln in seiner Pressemitteilung zum aktuellen Montagsgespräch, „braucht Köln bis 2025 mindestens zwölf neue Schulen.“ Die Fragen, die sich daraus ergeben, stehen am 26. Oktober im Mittelpunkt der Impulsvorträge und Podiumsbeiträge:

  • „Wie entstehen in den nächsten Jahren genügend Schulen mit pädagogischer und architektonischer Qualität zu angemessenen Baukosten?“

  • „Welche Möglichkeiten gibt es, den Entstehungsprozess zu beschleunigen, ohne den Qualitätsanspruch dabei zu verlieren?“ und:

  • „Wie können diese Schulen aussehen?“

Auf dem Podium diskutierten im Kölner Domforum Dr. Agnes Klein, Dezernentin für Bildung, Jugend und Sport der Stadt Köln, Rainer Schweppe, Stadtschulrat und Schulreferent der Stadt München, Monika Daun, Frencken Scholl Architekten Maastricht, und Dr. Karl-Heinz Imhäuser, Vorstand der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft. Reinhard Angelis, Vorstand des BDA Köln, moderierte.

Hoher Bedarf an neuen Schulbauten

In der Diskussion wird deutlich, dass der Bedarf an neuen Schulen in Köln inzwischen deutlich höher angesetzt wird. Die Dezernentin für Bildung, Jugend und Sport, Dr. Agnes Klein, erläutert, dass die Stadt vor dem Hintergrund der aktuellen demografischen Entwicklung zurzeit mit 28 neuen Schulen rechnet. Die in den letzten zehn Jahren schon getätigten Investitionen in Schulbauten von 1,3 Milliarden Euro müssen also noch einmal um einen erheblich größeren Betrag gesteigert werden.

Auch der Stadtschulrat der Stadt München, Rainer Schweppe, führt einen – sogar noch stärkeren – demografischen Trend und dazu aktuelle Zahlen zu den notwendigen Investitionen der nächsten 15 Jahre an: Derzeit geht die Stadt München davon aus, dass mit einem großen Investitionsprogramm bei Grundschulen 27 Neubauten, bei Mittelschulen drei Neubauten, bei Förderzentren fünf Neubauten, dazu fünf neue Realschulen, sieben neue Gymnasien plus Ausgleich von Raumbedarf im Bestand und vier neue berufliche Schulzentren gebaut werden müssen. Hinzu kommt, dass in der Stadt München eine große Anzahl von Generalinstandsetzungen anstehen.

Die Menge an Bauaufgaben der Städte Köln und München zeigt, wie realistisch die Zahlen einer neueren Studie der KFW-Bank zu Investitionen im Schulbau bis 2020 sein dürften, die Karl-Heinz Imhäuser in seinem Vortrag zitiert: Die Studie geht davon aus, dass bis 2020 nicht nur 35 Milliarden Euro in den Straßenbau, sondern auch 32 Milliarden Euro in den Schulbau in Deutschland investiert werden. Die Größe der Summe steht für die Größe der zu bewältigenden Aufgabe – und für die Größe der Herausforderungen, die damit zusammenhängen.

Deshalb geht es in den großen Ballungszentren in Deutschland beim Thema Schulbau zurzeit immer auch um die Frage der Beschleunigung von Verfahrenswegen, um die anstehenden Bauaufgaben in kurzer Zeit umsetzen zu können.

München: Ein neues „Lernhauskonzept“

Rainer Schweppe stellt dazu mit dem „Münchener Lernhauskonzept“ ein flexibles, multifunktionales Ganztagsraumkonzept vor, das ein vom Rat der Stadt München verabschiedetes Raumprogramm zur Planungsgrundlage macht – und sich explizit von dem überkommenen Schulbaumodell der Klassenraum-Flur-Schule verabschiedet. Das neue Leitkonzept, in dem vielfältige Ganztagsangebote (gebundener Ganztag, Tagesheim/Hort, offener Ganztag, Mittagsbetreuung) und methodisch vielfältiger Unterricht erfolgen können, ist Grundlage für alle Neu-, Um- und Erweiterungsbauten sowie Generalinstandsetzungen aller allgemeinbildenden Schulen. Das Konzept sieht die Bildung von schulorganisatorisch sozialen Einheiten vor, ein umfangreiches und differenziertes Raumangebot zum Lernen und Leben, die Bereitstellung von mehr Fläche für die Unterrichtseinheiten – zusätzliche multifunktionale und offen gestaltete Räume, gemeinsame Arbeits- und Teamräume für Lehrkräfte und eine zeitgemäße Ausstattung unter Einbeziehung neuer Medien.

Köln: Projekte mit Vorbildcharakter

Auch die Stadt Köln will hier den Weg gehen, mustergültig erarbeitete Lösungen zu nutzen, um neue Raumorganisations- und Schulbautypologien jenseits der Klassenraum-Flur-Schule zu realisieren. Mit den beiden großen Bauvorhaben BAN (Bildungslandschaft Altstadt Nord) und IUS (Inklusive Universitätsschule) verfügt die Stadt Köln bereits über Projekte, die ein Vorbild für zukunftsweisenden Schulbau geben können. Darauf verweist auch Karl-Heinz Imhäuser in seinem Impulsvortrag, der darin einen Problemlösungsansatz für die Zukunft sieht: dass nämlich die aus den realisierten Projekten bekannten Verfahrensschritte wie die gefundenen raumorganisatorischen und baulich-architektonischen Lösungen zur „Blaupause“ werden für weitere Neubauten.

Historische Chance für den Schulbau

Die vorhandenen zukunftsorientierten pädagogischen Konzepte und die darauf aufbauenden neuen Raumorganisationsmodelle können den Schulbau heute und in Zukunft prägen. Wie Karl-Heinz Imhäuser in seinem Vortragt betont, kommen dabei neue Schulbautypologien zum Tragen, geclusterte Lernraumorganisationen, Teamstationen von Pädagogen in unmittelbarer räumlicher Nähe zu allgemeinen Unterrichtsbereichen bis hin zu offenen Lernlandschaftskonzepten, wie sie auch die Architektin Monika Daun von Frencken Scholl Architekten aus Maastricht anhand von niederländischen Beispielen in ihrem Impulsvortrag zeigt.

Auf dem Podium besteht Konsens, dass darin eine historische Chance für den Schulbau liegt. Der Umfang der Mittel, die investiert werden müssen, ist eine Chance, die überfällige Überwindung von alten hin zu neuen Schulbaukonzepten in die Breite zu tragen: In den nächsten zehn Jahren kann und muss es gelingen, die überkommenen Muster der Klassenraum-Flur-Schule mit den einzusetzenden hohen Investitionssummen zu überwinden, um damit ein zeitgemäßes Lernen und Lehren in dafür angesessenen Schulbauarchitekturen auch in der Breite zu ermöglichen.

Kooperative Problemlösung zwischen Pädagogik und Architektur

Architektinnen und Architekten haben hier eine ganz besondere Rolle und Verantwortung dafür, dass diese Wende im Schulbau gelingt. In ihnen sieht Karl-Heinz Imhäuser „mit die wichtigsten Partner in einem Bündnis für den Schulbau der Zukunft, dessen Chancen zur Realisierung sich gerade in der Gegenwart entscheiden.“ In einem „kooperativen Problemlöseprozess“ muss dabei sichergestellt werden, dass auf allen Seiten – Pädagogik, Architektur und Verwaltung – zusammen daran gearbeitet wird, neue Mittel nicht weiter in alte Strukturen fließen zu lassen.

BDA | Montagsgespräch: Kölner Schulbauten: keine Zeit, kein Geld und dennoch Qualität?
Die Zukunft des Schulbaus liegt in der Gegenwart
26. Oktober 2015, 19.30 Uhr 
Domforum, Domkloster 3, 50667 Köln

Foto: ©eremac | Barbara Schlei