Endlich kommt das Schulbauthema in der Wahrnehmung einer breiteren Öffentlichkeit an. Verschiedene Medien haben sich in jüngster Zeit mit dem Thema der maroden Schulbausubstanz in Deutschland beschäftigt, darunter Frontal 21, die Süddeutsche, und in der letzten Woche auch Die Zeit*. Es tut sich etwas im Umfeld deutscher Schulen!
Aber es sind nicht die Kultusminister oder Kommunalverwaltungen, die das Thema befeuern. Es sind vor allem die Eltern von Schülerinnen und Schülern – insbesondere auch der bessergestellten bürgerlichen Schichten, die nicht mehr bereit sind, die Zustände der allerorten maroden Bausubstanz unserer Schulgebäude hinzunehmen. Und das nicht mehr nur an Grund- oder Hauptschulen, sondern auch an Gemeinschafts-, Real- und Gesamtschulen und eben auch an Gymnasien.
Das Gravierendste am gegenwärtig sich langsam beschleunigenden Schulbaudiskurs wird dabei oft verpasst: Wir haben nicht nur wie allerorten konstatiert einen „Investitionsrückstand“. Wir haben gleichermaßen einen Innovationsrückstand. Dem Investitionsrückstand von bezifferten 32 Milliarden Euro (basierend auf dem aktuellen Kommunalpanel 2015 der KFW-Bank) steht ein _Innovations_rückstand zur Seite.
Es muss bei den anstehenden Investitionen gelingen, die Fehler der großen Bauprogramme der letzten 12 Jahre, dem Ganztagsbauprogramm IZBB und dem Konjunkturpaket II zur Bewältigung der Folgen der Finanzkrise nach 2008 nicht noch einmal zu wiederholen. Zu oft wurde hier das Konzept Klassenraum-Flur-Schule übernommen, ohne an die Schule der Zukunft zu denken. So werden Konzepte aus der Vergangenheit für die Zukunft betoniert – ohne die Chance einer neuen konzeptionellen Grundlage zu nutzen.
Deshalb muss es gelingen, bei den Nutzerinnen und Nutzern, Eltern und dem gesamten pädagogischen Personal, aber auch in den Schul- und Hochbauverwaltungen und nicht zuletzt bei den Architektinnen und Architekten, Planerinnen und Planern ein Umdenken zu bewirken. Es geht um eine neue Typologie für Lernräume und zukunftsfähige Schulbauten. Sie müssen in der Lage sein, die derzeitigen Innovationstreiber im Bildungsdiskurs – Ganztag, Inklusion und Digitalisierung – in den dazu notwendigen räumlichen Konzepten im gebautem Raum abzubilden.
Auch Sanierungsanlässe können der erste Schritt sein, um eine Schule leistungsfähiger zu machen und nach und nach anzupassen für ein Lernen, das heute längst anders funktioniert als zu der Zeit, als ein Großteil unserer Schulen gebaut wurde.
Anregungen zu Herausforderungen und notwendigen Innovationen im Schulbau geben die Veröffentlichungen Schulen planen und bauen – Grundlagen und Prozesse sowie Leitlinien für leistungsfähige Schulbauten in Deutschland.
Foto: Neue Raumstrukturen – Lernlandschaft in der Oberschule Osterholz-Scharmbeck/Lernhaus im Campus; (c) Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft