16. März 2017; Von: Egon Tegge , Kirstin Bartels

Pilotprojekte Inklusive Schulen planen und bauen: Die IGS Süd

Ein Zwischenbericht aus der Integrierten Gesamtschule Frankfurt Süd im Stadtteil Sachsenhausen.

Mit großem Enthusiasmus wurde die neue Integrierte Gesamtschule für Frankfurt/Süd konzipiert und von der Planungsgruppe mit der erfolgreichen Bewerbung im Wettbewerb »Inklusive Schule planen und bauen« der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft auf den Weg gebracht. Auch der Start zum neuen Schuljahr 2016/17 mit den Kindern und Lehrkräften lief bestens – aber für einen zügigen Start der Phase Null fehlte noch etwas: Die Bestellung der Schulleitung!

Auch das gehört zum Alltag in der deutschen Bildungslandschaft. Personalentscheidungen brauchen mitunter eine längere Zeit, während die Arbeit vor Ort längst begonnen hat. Für eine völlige Neuplanung einer vierzügigen, aufwachsenden Schule in zwei Bestandsgebäuden aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts bedeutete dies eine deutliche Planungsverzögerung, was die Kinder des ersten Jahrgangs allerdings nicht störte – sie eroberten sich mit ihren Lernbegleitern mit Schuljahresbeginn im September 2016 die ihnen zugewiesenen Stockwerke in den bestehenden Gebäuden der Textorschule in Sachsenhausen schnell. Ende November wurde dann die Schulleitungsstelle besetzt – und die Phase Null konnte endlich Fahrt aufnehmen.
Eine wirklich spannende Aufgabe erwartete das Beraterteam: Als Standort für die neue, inklusive Gesamtschule sind gleich zwei i mehrstöckige Gründerzeitschulgebäude vorgesehen. Eine Herausforderung besteht darin, dass die beiden Gebäude durch eine Straße getrennt sind. Obendrein beherbergen die Gebäude zusätzlich zur neugegründeten IGS Süd derzeit noch drei umzulagernde bzw. auslaufende Schulen:

  • Die Textorschule, ein Teilstandort einer reinen Grundschule

  • Die Schwanthalerschule, eine Hauptschule (insbesondere für ‚Rückläufer’)

  • Die Holbeinschule, eine Realschule

Bestandsaufnahme

Bereits der erste Rundgang mit zwei Gruppen von Gesamtschulkindern aus Klasse fünf brachte viele Themen und Probleme der Bestandsbauten und der zugehörigen Schulhofflächen auf. So gibt es heute z.B. nur im Keller Toiletten für die Schüler/innen, so dass diese auf dem Weg zum ‚stillen Örtchen’ unter Umständen fünf Etagen überwinden müssen. In den Flurbereichen und Treppenräumen finden es die Kinder viel zu laut, wenn sie mal außerhalb des Klassenraumes lernen und arbeiten möchten. Nirgendwo gibt es Rückzugsorte, „heimliche“ und gemütliche Orte für die Schüler/innen. Bisher gibt es auch noch keinen Aufzug, allerdings jedoch ein scheinbares Überangebot an Treppenhäusern. Grund dafür ist, dass das alte Schulgebäude schon immer für zwei voneinander unabhängige Schulen unter einem Dach geplant war. Der Schulhof ist durch die Aufstellung von mehreren Containern für die Mensa flächenmäßig stark reduziert worden. Auch hier gibt es kaum Rückzugsorte für die Schülerinnen und Schüler oder differenzierte Angebote für unterschiedliche Aktivitäten in den Pausen.

Für die Lernbegleiter bedeutete diese Situation zunächst einmal, im Alltag zu ‚improvisieren’, aber gleichzeitig nicht das Ziel aus den Augen zu verlieren, sondern in den ersten Workshops zur Planung der pädagogisch-räumlichen Zukunft ihre Vision einer inklusiven, jahrgangsübergreifend arbeitenden Gesamtschule zu entwickeln.
Dabei war man sich schnell einig, die Klassenräume im herkömmlichen Sinne zugunsten einer offenen Lernlandschaft mit ergänzenden differenzierten Raumangeboten aufzugeben – aber wie das genaue pädagogisch-räumliche Konzept für die IGS Süd im Einzelnen aussehen soll, bedarf noch vieler Diskussionen. Dabei treibt alle Beteiligten die zentrale Frage des Konzepts von Lernlandschaften um: Wieviel und welche räumliche und pädagogische „Heimat“ brauchen die unterschiedlichen Schüler/innen?

Festzuhalten bleibt, dass „altehrwürdige“ Bestandsgebäude wie die Textorschule neben ihrem Charme auch weitere Qualitäten bieten – dazu gehört z.B. die Großzügigkeit, die sich in den Flurbreiten oder den Raumhöhen zeigt. Inwieweit bei der baulichen Umsetzung der offenen Konzeptionen für die neuen Lernlandschaften der IGS Süd der Bestand eine Herausforderung darstellt, muss in Hinblick auf die Statik und den Kosten-Nutzen-Faktor noch untersucht werden. Der Prozess bleibt spannend.

Kirstin Bartels und Egon Tegge begleiten als Schulbauberater/innen-Team im Auftrag der Montag Stiftung Jugend und Gesellschaft das »Pilotprojekt Inklusive Schulen planen und bauen« an der Integrierten Gesamtschule Süd in Sachsenhausen, Frankfurt a.M.

Autor:innen

Egon Tegge

Egon Tegge arbeitet, nach langjähriger Tätigkeit als Schulleiter, heute als Schulbauberater, Mediator(BM®) und Fortbildner (www.gesunde-lehrer.de).

Kirstin Bartels

Kirstin Bartels ist Architektin und Schulbauberaterin mit Sitz in Hamburg (www.cityfoerster.net).

Phase Null Abschlussbericht: IGS Süd Frankfurt

Abschlussbericht